Margit Carstensen
Schauspielerin
Margit Carstensen wurde am 29. Februar 1940 in Kiel geboren. Die Schauspielerin starb am 1. Juni 2023
Nach dem Schauspielstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg verschiedene Engagements, davon zuerst am Theater Kleve, am Theater der Stadt Heilbronn, an den Städtischen Bühnen in Münster und am Staatstheater Braunschweig. 1965 kam sie an das Deutsche Schauspielhaus Hamburg und spielt die Joy in Osbornes "Richter in eigener Sache".
Von 1969 bis 1972 spielte sie am Theater der freien Hansestadt Bremen. In Bremen sah man sie als Vittoria in Goldinis Das Kaffeehaus (Regie: R. W. Fassbinder), als Laurentia in Fassbinders Das brennende Dorf (nach Lope de Vega, Regie: Peer Raben). Ebenfalls in Bremen stand sie als "Yvonne, Prinzessin von Burgund" und als Elisabeth in Schillers "Maria Stuart" auf der Bühne, beide unter der Regie von Wilfried Minks.
1972 sah man sie als Geesche Gottfried in der Uraufführung von Fassbinders Bremer Freiheit. In dieser Zeit lernte sie Rainer Werner Fassbinder besser kennen und bewegte sich bis zu seinem Tod 1982 in dessen Umfeld. Mit ihm entstanden u. a. Die bitteren Tränen der Petra von Kant (TV-Film 1972), in der Uraufführung des gleichnamigen Theaterstücks spielte sie unter Fassbinders Regie 1972 im Staatstheater Darmstadt. An der Seite von Karlheinz Böhm, der in Martha (1973) einen sadistischen Ehemann mimte, war sie die unterdrückte Ehefrau. In Nora Helmer (1973), Fontane Effi Briest (1973), Angst vor der Angst (1975), Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel (1975), Chinesisches Roulette (1976) und Satansbraten (1976) konnte man sie ebenfalls bewundern. Weitere wichtige Arbeiten waren Bremer Freiheit, Fräulein Julie und Hedda Gabler, die von Fassbinder auf die Theaterbühne gebracht wurden.
1973 bekam sie das Filmband in Gold (Berliner Filmfestspiele) für ...Petra von Kant und wurde von den Kritikern zur besten Schauspielerin des Jahres gewählt.
In ihrem Film Scherbentanz (bewundernswert!), Regie Chris Kraus, spielt sie die alkoholkranke Mutter ihres Filmsohnes Jürgen Vogel und erhielt für diese Rolle zu Recht den Bayerischen Filmpreis für die beste Nebenrolle.
Die vorerst letzte Filmarbeit für das Kino von Margit Carstensen war die Rolle einer gewissen Frau Sandberg in dem 2013 von Frauke Finsterwalder gedrehtem Drama Finsterworld. Die Filmbewertungsstelle zeichnete diesen Film mit dem Prädikat "besonders wertvoll" aus und schreibt u.a. (Zitat): "Die Besetzung ist bis in die Nebenfiguren hochkarätig, ob Sandra Hüller, Ronald Zehrfeld oder auch Corinna Harfouch. Wie in einer Spirale drehen sich ihre Charaktere umeinander und sich selbst, bis hin zum konsequent erzählten dramatischen Schluss. Ein großartiges Debüt und ein schwarzhumoriges Porträt unserer Zeit – bitterböse und zutiefst menschlich." Bei fischerverlage.de ist zum Buch zu lesen (Zitat): "›Finsterworld‹ verwebt komische, bizarre Geschichten darüber, wie die Gespenster uns besetzen. Absurd bis amüsant, zärtlich bis zerstörerisch, zeichnet Regisseurin Frauke Finsterwalder ihre Helden, die sich durch das Deutschland von heute schlagen müssen und erschafft eine neue Art idyllesabotierenden Heimatfilm." Außerdem heimste der Film eine stattliche Anzahl von Preisen ein: Deutscher Regiepreis für den besten Debütfilm, Preis der deutschen Filmkritik, Deutscher Schauspielerpreis und viele andere.
2019 erhielt die Schauspielerin den Götz George-Preis.
Die Fassbinder-Foundation gratuliert der Mimin zum 75. Geburtstag:
"Am 29. Februar
2015 feiert Margit Carstensen ihren 75. Geburtstag. Mit ihrer schauspielerischen Laufbahn hat die gebürtige Kielerin in den 1960er Jahren auf verschiedenen Bühnen der Bundesrepublik begonnen. 1969 lernte sie Rainer Werner Fassbinder kennen, mit dem sie eine langjährige Arbeitsbeziehung verband. Meist verkörperte sie bei ihm innerlich zerrissene Frauen, die in zwischenmenschliche Abhängigkeitsverhältnisse geraten. In
Martha spielte sie etwa eine Spießbürgerin, die sich von ihrem sadistischen Ehemann malträtieren lässt und in
Die
bitteren Tränen der Petra von Kant – ihrem wahrscheinlich bekanntestem Film – eine erfolgreiche, aber emotional zerrüttete Modedesignerin.
Weitere Filme mit Margit Carstensen (Auswahl)
Margit Carstensen drehte mit Rainer Werner Fassbinder zwischen 1970 und 1980 folgende Filme:
Die bitteren Tränen der Petra von Kant Acht Stunden sind kein Tag (2. Teil - Oma und Gregor) Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel Berlin Alexanderplatz (4. Teil und Epilog)
Zärtlichkeit der Wölfe (Rolle: Frau Lindner), 1973, Regie Ulli Lommel
Adolf und Marlene (Rolle: Marlene), 1976, Regie Ulli Lommel
Spiel der Verlierer (Rolle: Fräulein Rosner), 1978, Regie Christian Hohoff
Possession (Rolle: Margit Gluckmeister), 1981, Regie Andrzej Żuławski
Liebeskonzil (Rolle: Staatsanwältin ), 1982, Regie Werner Schroeter Verfilmung des Oskar Panizza-Stückes um ein Himmelskonzil.
Die wilden Fünfziger (Rolle: Herresheims Sekretärin ), 1983, Regie Peter Zadek Nach dem Roman "Hurra, wir leben noch" von J. M. Simmel. Der Zweite Weltkrieg ist beendet. Jakob Formann kommt aus der Kriegsgefangenschaft zurück nach Haus. In Linz erhält er Arbeit als Dolmetscher für die US-amerikanische Armee. Seine neuen Kontakte nutzt er, um sich selbständig zu machen. Er ergaunert sich bei den Amerikanern 40.000 Eier und gründet eine Hühnerzucht. Standort für sein Unternehmen wird der Bauernhof, der während des Dritten Reiches Heinrich Himmler gehört hat. Das Wirtschaftswunder des Jakob Formann kann beginnen. In schnellen Schritten steigt Formann auf zum erfolgreichen Konzernchef der jungen Bundesrepublik. Er wird Bauunternehmer und Verleger. Formann lebt im ausufernden Luxus. Erst als Anfang der 1970er Jahre die Ölkrise der Republik ihre erste Rezession beschert, endet der Aufstieg des Kleinbürgers Formann. Formann muss sein Firmenimperium an ein Bankenkonsortium verkaufen. Doch Formann ist nicht unglücklich darüber. Lasten fallen von ihm ab und gemeinsam mit seiner Freundin Julia zieht er sich ins Privatleben zurück. (Quelle: Wikipedia)
100 Jahre Adolf Hitler - Die letzte Stunde im Führerbunker (Rolle: Frau Goebbels), 1988, Regie Christoph Schlingensief Erster Teil der Deutschland-Trilogie des Regie-enfant terrible Christoph Schlingensief; ein experimenteller Schwarz-Weiß-Film, grell und bis zum Anschlag überdreht. Schlingensief will zeigen, was viele "pädagogisch wertvolle" Aufklärungsfilme über das Dritte Reich nicht in Bilder fassen können: Die Banalität des Bösen in ihrer ganzen Obszönität. Profis (darunter Udo Kier als Hitler) und Laiendarsteller agieren bis an die Grenze der Erschöpfung. Für tolerante Kunst- und Trashfreunde. (Quelle: Amazon)
Emilia Galotti (Rolle: ?), 1984, Regie Thomas Langhoff Nach dem berühmten bürgerlichem Trauerspiel von G.E. Lessing, 1772 in Braunschweig uraufgeführt. Eine großartige Aufführung der Münchener Kammerspiele. Michael König, Sunnyi Melles, Doris Schade in den Hauptrollen.
Derrick (Wer bist du Vater) (Rolle: Frau Hauser), 1991, Regie Helmuth Ashley
Terror 2000 - Intensivstation Deutschland (Rolle: Margret), 1992, Regie Christoph Schlingensief Der unabhängige Filmemacher Christoph Schlingensief bietet alles andere als leicht konsumierbare Unterhaltung und erregte bereits mit Das deutsche Kettensägenmassaker helle Aufregung in der Gemeinde der Berufsbetroffenen. Terror 2000 schlägt in die gleiche Kerbe und spielt zynisch-genussvoll mit allen greifbaren Tabus, um dem wiedererwachten "Deutschtum" seinen (Zerr-)Spiegel vorzuhalten. Für brave Staatsbürger allerlei Anlass zum Ärgern, für aufgeschlossene Kunden ein grelles Chaos mit raren Momenten schlichter Brillanz. (Quelle: Amazon)
Die 120 Tage von Bottrop (Rolle: ?), 1984, Regie Christoph Schlingensief Der verquere, deutsche Starregisseur Sönke Buckmann wird mit dem Filmpreis ausgezeichnet, die 'traute Familie' verfolgt die Verleihung im Fassbinder-Heim vor dem Bildschirm mit. Als nächstes hat sich Buckmann ein Remake von Pasolinis 'Die 120 Tage von Sodom' vorgenommen, dass er als letzten, neuen, deutschen Film auf der Baustelle am Potsdamer Platz drehen will. Seine Darstellerinnen bekriegen sich gegenseitig, Volker Spengler ergötzt sich an allen männlichen Komparsen, und alle warten eigentlich nur auf Helmut Berger. Und dazwischen brüllt der Herr Regisseur. Christoph Schlingensiefs bösartig-bissige Parodie auf die deutsche Filmlandschaft zu vergangenen wie aktuellen Zeiten, bei der nicht nur namhafte und unbenannte Regisseure und Schauspieler, sondern auch etliche Institutionen ihr Fett abbekommen. Ein 'United Trash' der Filmszene, mag dieses aus Schwarz-Weiß-Szenen, Zwischentiteln und verschiedenen Filmformaten wild zusammen collagierte Werk mit etlichen provokativen (auch, aber nicht nur Sex-)Sequenzen den Insider amüsieren, den Rest irritieren und vielleicht trotzdem amüsieren. Auf jeden Fall dürfte der Film-im-Film nur etwas für ein ziemlich begrenztes Publikum sein. (Quelle: Amazon)
Gesches Gift (Rolle: Mutter Tim), 1987, Regie Walburga von Waldenfels Die Aacherer Regisseurin Walburg von Waldenfels verfilmte 1997 in ihrem Langfilm-Debüt die wahre Geschichte der Gesche Margarethe Gottfried, die "Bestie von Bremen" - die berühmteste Serienmörderin ihrer Zeit. In einer Hauptrolle: Stefan Kurt. "Gesches Gift" ist eine eher romantische Verfilmung, die Geschichte wird in langen, poetischen Bildern erzählt. Die Erstsendung war im Januar 1998. Im gleichen Jahr erhielt die Regisseurin den Max-Ophüls-Förderpreis für ihre Arbeit an "Gesches Gift". Im letzten Jahr, Oktober 2003, hat das ZDF den Film im Rahmen des "Kleinen Fernsehspiels" wiederholt. Darsteller: Geno Lechner, Antje Westermann, Stefan Kurt, Margit Carstensen, Sylvester Groth, Thomas Anzenhofer. (Quelle: Pressetext Radio Bremen)
Feuerreiter (Rolle: Mme von Proeck), 1998, Regie Nina Grosse
Der
junge Dichter Hölderlin tritt Ende des 18. Jahrhunderts eine Stelle als
Hauslehrer bei dem Bankier Gontard an. Vermittelt wurde ihm die Arbeit von
dem einflussreichen Baron von Sinclair, der seit je tragisch, doch wegen
so mancher gemeinsamer Nacht nicht grundlos verliebt ist in "Hölder".
Während dieser an seinem berühmten "Hyperion" arbeitet, verliebt er
sich in Susette, die Ehefrau seines Arbeitgebers, wovon auch der eifersüchtige
Baron bald erfährt und daraufhin beim Bankier intrigiert, um Hölderlin
einerseits von der verzehrenden Liebe zu Susette zu befreien und ihn
andererseits wieder ganz für sich zu gewinnen….
Sonnenallee (Rolle: Direktorin), 1999, Regie Leander Haußmann
Scherbentanz (Rolle: ), 2002, Regie Chris Kraus
Layout:
Rosemarie Kuheim
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