Bremer Freiheit

1972

 

Filmliste Rainer Werner Fassbinder

  

  

   

  

 

Regie

Rainer Werner Fassbinder

Drehbuch

Rainer Werner Fassbinder (Fernsehbearbeitung, nach seinem Theaterstück)

Produktion

Telefilm Saar (im Auftrag des Saarländischen Rundfunks)

Kamera

Dietrich Lohmann, Hans Schugg, Peter Weyrich

Musik

Archiv

Länge

87 Minuten

Sonstiges

- Über Geesche Gottfried 

- Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 10. März 2017 mit dem Titel "Die Unbegreifliche"

Filmbeschreibung

www.fassbinderfoundation.de

Ur-/Erstaufführung

- Theater Bremen, Concordia, Dezember 1971

- TV: 27. Dezember 1972

Kritiken zu lesen in 

Horst Ziermann: Kalter Kaffee aus Bremen, Die Welt, 8.11.1973.

Cordula Zytur: Leichtgewichtige Mordgeschichte, Funk-Korrespondenz, 14/1973.

Birgit Weidinger: Das Aufbegehren einer Unterdrückten, Süddeutsche Zeitung, 8.11.1973.

Genre

Drama

  

  

Darsteller

Rolle

Margit Carstensen

Geesche  

Ulli Lommel  

Miltenberger

Wolfgang Schenck

Gottfried

Walter Sedlmayr

Pfarrer

Wolfgang Kieling

Timm

Rudolf Waldemar Brem

Vetter Bohm

Kurt Raab

Zimmermann

Fritz Schediwy

Johann

Hanna Schygulla

Luise Maurer

Rainer Werner Fassbinder

Rumpf

Lilo Pempeit

Geesches Mutter

  

  

 

 

Inhalt

Bremen im frühen 19. Jahrhundert. Geesche (Margit Carstensen), eine junge Frau, vergiftet Miltenberger ihren Mann, weil er sie tyrannisierte. Auch ihrer Mutter (Lilo Pempeit) verabreicht sie Gift, sie erträgt deren Vorhaltungen wegen ihres unmoralischen Lebenswandels nicht mehr. Geesche tötet ihre beiden Kinder, weil sie mit ihrem durchdringenden Geschrei jeden Mann vertrieben. Sie zwingt ihren Geliebten, von dem sie angeblich ein Kind erwartet, zur Ehe. Die groteske Zeremonie findet statt, als ihr Gift bei ihm schon zu wirken begonnen hat. Nun folgt ein Mord auf den anderen.

 

(Quelle: Fassbinder-Foundation, Berlin)  

  

 

       

Am 21. April 1831 fand die letzte öffentliche Hinrichtung in Bremen statt. Die Giftmörderin Geesche Gottfried wurde an diesem Tag enthauptet. Sie hatte insgesamt 15 Menschen, die ihr nahestanden, mit "Mäusebutter" beiseite geschafft: zwei Ehemänner, ihre beiden Kinder, Vater, Mutter, Bruder und Freunde. Der Fall der angesehenen Bürgersfrau Geesche Gottfried, verwitwete Miltenberger, ist ein authentischer Fall der Bremer Stadtgeschichte. Jahrelang galt sie bei ihren Mitbürgern als ehrbar und gottesfürchtig. Ihre Giftmorde blieben lange Zeit unentdeckt und erst durch das Misstrauen eines Mannes, den sie nicht täuschen konnte, wurden ihre Taten schließlich entdeckt und aufgeklärt.  

      

Den Stoff zu diesem Stück von Rainer Werner Fassbinder lieferte ein authentischer Fall der Bremer Stadtgeschichte: die Geschichte der Bürgersfrau Geesche Gottfried, verwitwete Miltenberg, die fünfzehn Menschen, darunter ihre Mutter, ihren Vater, ihre Kinder, zwei Ehemänner und weitere Personen ihrer nächsten Umgebung umgebracht und die bei ihren Mitbürgern das Ansehen einer durchaus ehrbaren, gottesfürchtigen Frau genossen hatte. Schließlich wurde sie doch entlarvt und 1831 bei der letzten öffentlichen Hinrichtung Bremens geköpft.

Aber Rainer Werner Fassbinder hat kein Kriminalstück geschrieben, sein Ziel ist nicht die allmähliche Entlarvung eines Täters. Moritatenhaft reiht er die Morde wie auf einem Bilderbogen aneinander. Das Motiv der Mörderin interessiert in diesem Stück, nicht ihre Überführung. Geesche Gottfried mordet, weil sie frei sein will, weil sie nicht "Haustier" sein will der Männer.

"Das war kein Leben, Michael, das Mutter führte, da ist der Tod ein Glück für einen Menschen", sagt Geesche nach dem Mord an ihrer Mutter.

 

(Quelle: Fernsehspiele Westdeutscher Rundfunk, Ausgabe Juli bis Dezember 1973. Herausgeber: WDR-Pressestelle)

  

  

 

Auch Bremer Freiheit ist ein Produkt von Fassbinders Begegnung mit Bremen - und als Bühnenstück (mit Margit Carstensen in der Hauptrolle) das erste seiner vielen Werke über die Frage der Frauenemanzipation. Das Stück wurde erst 1971 am Bremer Stadttheater aufgeführt und im Jahr darauf als Video produziert. Der Videofilm ist höchst bemerkenswert, u.a. weil Fassbinder nicht seinen Filmstil einfach auf das Fernsehen überträgt, sondern tatsächlich die Ausdrucksmöglichkeiten des Mediums Video auf ebenso persönliche Art untersucht wie die des Films.

Eine historische Rekonstruktion des Kriminalfalls lag Fassbinder natürlich fern. Er wählte einige bedeutsame Elemente aus, die er zu einem höchst persönlichen Bericht über konkrete Unterdrückung und falschen Aufstand zusammenfügte. Wenn Fassbinder Frau Geesches Aktion einer Selbstbefreiung darstellt, verweist er auf den Aufstand des Negersklaven Whity und greift zugleich dem linksanarchistischen Terror in Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel vor. 

Bremer Freiheit beschreibt, warum Geesche mordet. Das erste Opfer ist ihr Mann, der sie hysterisch herumkommandiert. Die erste Sequenz des Stücks wird eingeleitet mit einer Reihe von Schnitten zwischen seinem kommendierenden Gesicht und Geesches trippelnden Füßen, die dienstbereit, auf den kleinsten Wink hin, Zeitung holen, Kaffee kochen, Schnaps einschenken usw. Geesche ist auf ein paar gehorsame Füße reduziert, und als sie unmittelbar danach von ihren eigenen Bedürfnissen sprechen will und zärtlich sagt: "Ich will mit dir schlafen", bekommt sie eine schallende Ohrfeige als Antwort. Gleichzeitig sehen wir, dass die eine Seite seines Gesichts von einer Wunde verstellt ist, deren syphilitischer Ursprung angedeutet wird, als er unmittelbar darauf Besuch von drei Freunden bekommt, die von einer Epidemie unter den Freudenmädchen der Stadt sprechen. Geesche wird während der Anwesenheit der Freunde noch mehr gedemütigt, und als sie gegangen sind, stürzt ihr Mann röchelnd zu Boden, während Geesche leise ein Kirchenlied dazu singt... (ff)

 

(Quelle: Christian Braad Thomsen: "Rainer Werner Fassbinder - Leben und Werk eines maßlosen Genies", Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Hamburg, 1993, Seiten 224-226, Textübernahme mit freundlicher Erlaubnis des Autors)

 

 

  

   

   

     

    

  

  

  

  

  

  

  

  

  

  

  

  

  

   

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 10. Oktober 2020

  

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