Whity 

1971

 

Filmliste Rainer Werner Fassbinder

 

  

  

Regie

Rainer Werner Fassbinder

Drehbuch

Rainer Werner Fassbinder

Vorlage

-

Produktion

antiteater-X-Film / Atlantis-Film  

Kamera

Michael Ballhaus

Schnitt

Franz Walsch (d. i. Rainer Werner Fassbinder) und Thea Eymèsz

Musik

Peer Raben

FSK

-

Länge

95 Minuten

Sonstiges

- Der Film trägt die Widmung »Für Peter Berling«

- Arbeitstitel »Whity ging nach Osten«

Filmbesprechungen

Basisfilm.de (1)

Basisfilm.de (2)

Basisfilm.de (3)

Fassbinderfoundation

Auszeichnung

-

Ur-/Erstaufführung

Uraufführung am 2.7.1971 Berliner Filmfestspiele; TV-Erstsendung am 21.11.1989, Pro7

Genre

Western

  

  

 

Darsteller

Rolle

Günther Kaufmann

Whity

Hanna Schygulla

Hanna

Ulli Lommel

Frank

Harry Baer

Davy

Katrin Schaake

Katherine

Ron Randall

Mr. Nicholson

Thomas Blanco

Falscher mexikanischer Arzt

Stefano Capriati

Richter

Helga Ballhaus

Frau des Richters

Kurt Raab

Pianist

Elaine Baker

Whitys Mutter

Mark Salvage

Sheriff

Peter Berling

Pianist

Rainer Werner Fassbinder

Gast im Saloon

      

     

       

Inhalt  

  

1878, irgendwo im Westen der Vereinigten Staaten. In einem Herrenhaus, das einem Mausoleum gleicht, residiert die Familie Nicholson: der Gutsbesitzer Ben Nicholson (Ron Randell), seine nymphoman veranlagte zweite Frau Katherine (Katrin Schaake) und die beiden Söhne aus erster Ehe, der homosexuelle Frank (Ulli Lommel) und der geisteskranke Davy (Harry Baer). Unterwürfiger Diener der Nicholsons ist Whity (Günther Kaufmann), ein illegitimer Sohn Bens. Selbstbewusstsein gewinnt der Schwarze erst, als nacheinander mehrere Mitglieder der Familie ihn auffordern, andere Familienmitglieder zu töten. Whity vollstreckt das Urteil, das die Nicholsons längst über sich gesprochen haben.

(Quelle: Basis-Film Verleih)

  

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Die Handlung dieses Melodrams versetzte Fassbinder in das Jahr 1878 in den Südwesten Amerikas. Dort residiert die zerrüttete Familie Nicholson in ihrem Herrenhaus: der Gutsbesitzer Ben Nicholson (Ron Randell), seine nymphoman veranlagte zweite Frau Katherine (Katrin Schaake), die beiden Söhne aus erster Ehe, der homosexuelle Frank (Ulli Lommel) und der geisteskranke Davy (Harry Baer). Whity (Günther Kaufmann), der Diener der Familie und illegitime Sohn Bens mit der schwarzen Köchin des Hauses, leidet jedoch unter den Herrschaftsverhältnissen und findet nur in der Barsängerin Hanna (Hanna Schygulla) eine Vertraute, die er bewundert und heimlich liebt. In der Hoffnung, dass Whity die Ordnung der lähmenden Abhängigkeiten innerhalb der Familie durchbricht, animieren ihn die Mitglieder der Nicholson-Familie seinen Vater und seine Halbbrüder zu töten. Whity vollstreckt das Urteil, das die Nicholsons längst über sich selbst gesprochen haben und verlässt, vermeintlich befreit vom "herrschenden System der familiären Unterdrückung", gemeinsam mit Hanna die Kleinstadt. Aber die Freiheit führt sie in die Wüste – eine Hommage an Josef von Sternbergs MAROKKO aus dem Jahr 1930 – wo vermutlich nur der Tod auf die Liebenden warten kann.

Für Fassbinder und das antiteater-Ensemble stellte dieser Film nicht nur eine räumliche und genreübergreifende Neuorientierung gen Hollywood dar, sondern auch eine künstlerische Entfremdung innerhalb der Gruppe. Diese musste sich nicht nur an internationale Drehverhältnisse gewöhnen, sondern auch an die beginnende Zusammenarbeit mit Fassbinders Kameramann Michael Ballhaus, ausländische Schauspielkollegen und finanzielle Schwierigkeiten des zum ersten Mal als ausführendem Produzenten tätigen Ulli Lommel. Nichtsdestotrotz: WHITY brachte Fassbinder zu einem neuen Umgang und Bewusstsein mit dem Medium Film, was er kurz darauf in seinem zehnten Spielfilm, WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE (1970), reflektiv umzusetzen wusste. Und es führte zu weiteren Filmerfahrungen, allen voran die Auseinandersetzung mit den Melodramen Douglas Sirks, die sich dann in Film Nummer 13, HÄNDLER DER VIER JAHRESZEITEN (1971), meisterhaft niederschlugen.

Seine Uraufführung erfuhr Fassbinders 1970 in Almeria, Spanien gedrehte und mit 680.000 Deutsche Mark bis dato teuerste Produktion WHITY am 2. Juli 1971 auf den 21. Internationalen Filmfestspielen Berlin. Eher verhalten vom Publikum aufgenommen, fand der Film jedoch keinen Verleih. Erst in den 80er Jahren wurde WHITY vom Privatsender Pro 7 zum ersten Mal einem größeren Publikum zugänglich gemacht.

(RWF Fassbinder Foundation)

  

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"Meine Filme handeln von Abhängigkeit" - Rainer Werner Fassbinder über seinen Film WHITY
WHITY endet mit einer Auflehnung, aber in Wirklichkeit wendet sich ja der ganze Film gegen den Schwarzen, weil er die ganze Zeit zögert und sich nicht gegen die Ungerechtigkeiten verteidigt. Zum Schluss schießt er zwar die Leute nieder, die ihn unterdrückt haben, aber danach geht er in die Wüste, wo er dann auch stirbt, weil er zwar viel erkennt, aber nicht zu handeln vermag. Er versteht seine Situation, aber er handelt nicht danach. Er geht in die Wüste, weil er nicht wagt die vollen Konsequenzen zu ziehen.
Ich finde es verständlich, dass er seine Unterdrücker ermordet, aber es ist nicht okay, dass er danach in die Wüste geht, denn damit akzeptiert er halt doch die Übermacht der anderen. Wenn er wirklich an seine Handlung geglaubt hätte, dann hätte er sich mit anderen Unterdrückten solidarisiert, hätte sich mit ihnen zusammengetan, und dann hätten sie gemeinsam handeln können. Diese Einzelaktion am Ende des Films ist keine Lösung, und deshalb richtet sich der Film zum Schluss auch gegen den Schwarzen. (...)
Als ich WHITY gedreht habe, hatte ich mir nicht vorher überlegt, einen Film über Rassismus zu drehen, und als ich KATZELMACHER gedreht habe, hab ich auch nicht gesagt, so, jetzt mach einen Film über Gastarbeiter – obwohl man das später über KATZELMACHER behauptet hat und mir dafür Preise gegeben hat. Mit dem Film DER AMERIKANISCHE SOLDAT wollte ich auch keinen Film über Vietnam drehen; für mich war immer wichtig, Filme über Menschen und deren Verhältnis zueinander zu drehen, über deren Abhängigkeit voneinander und ihre Abhängigkeit von der Gesellschaft. Meine Filme handeln von Abhängigkeit, und das ist ja eigentlich sehr sozial, denn Abhängigkeit macht Menschen unglücklich, und wenn man das bewusst macht, dann arbeitet man halt sozial.
(Aus einem Gespräch mit Christian Braad Thomsen)

 

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Das wohl größte Experiment, und nicht nur deshalb einer der interessantesten Filme Fassbinders! Er wollte einen Western drehen. Und tat es auch! Der Film beginnt schon mit den Titeln der als Vorbild dienenden, extrem erfolgreichen Italo-Western dieser Zeit. Es ist auch Fassbinders einzige Cinemascope-Arbeit.

Der Film konnte aus rechtlichen Gründen nie in die Kinos kommen und erlebte somit seine Erstaufführung 1989, 18 Jahre nach seiner Entstehung, im TV. Erst 1992 gelang es dem FILMVERLAG DER AUTOREN und der Rainer Werner Fassbinder Foundation die Kinorechte zu klären, so dass der Film 21 Jahre später erstmals auf die Leinwand kam.

Ein Familiendrama um eine morbide Großgrundbesitzer-Familie im amerikanischen Süden, deren Mitglieder nichts sehnlicher als den Tod des Familienoberhauptes wünschen. Whity, der Butler der Familie, ein Mischling der zum Objekt der unterschiedlichsten Begierden degradiert wurde, führt das gewaltsame Ende der Familie herbei und flüchtet mit seiner Geliebten, einer Prostituierten, in den sicheren Tod.

Der völlig untypische Fassbinder-Film ist kaum bekannt und ein Leckerbissen für jeden Fan!

(Einhorn-Film)

  

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Fassbinder sagt in einem Interview mit Christian Braad Thomsen: "Bevor ich Whity machte, habe ich mir einige Filme von Raoul Walsh angesehen, besonders Band Of Angels (1957, mit Clark Gable, Yvonne de Carlo und Sidney Portier), der einer der schönsten Filme ist, die ich je gesehen habe".  

  

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Whity war wohl Fassbinders erfolglosester Film. Die Uraufführung während der Berlinale 1971 fand wenig Resonanz; Whity blieb ohne Verleih, kam auch nicht ins Fernsehen. Die Gründe sind leicht zu nennen. Die vorangegangenen Filme waren alle mit dem Anspruch aufgetreten, oder zumindest so interpretiert worden, etwas über die Gesellschaft der Bundesrepublik auszusagen, und sei es auch in verfremdeter Form. Mit Whity bekannte sich Fassbinder nun zum ersten Mal uneingeschränkt zu Hollywood, und auch noch zu Hollywoods verachtetstem Genre, dem Melodram. Whity, schrieb damals der Kritiker Alf Brustellin, nehme sich schon deshalb im Wettbewerb der Berlinale komisch aus, "weil nahezu alle >Urfilme< zu diesem Film niemals zu Festival-Ehren gelangten" (Süddeutsche Zeitung, 8.7.71).  Man kann ergänzen: auch nur selten zu Feuilleton-Ehren.

(Quelle: "Rainer Werner Fassbinder", Peter W. Jansen/Wolfram Schütte, Fischer-Cinema TB, Nr. 11318, Frankfurt/Main, 1992)

   

  

 

  

   

  

    

   

  

 

 

 

 

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 13. Oktober 2020

  

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