Hansjörg Felmy
Darsteller
Geboren am 31. Januar 1931 in Berlin. Er starb am 24. August 2007 in Eching/Niederbayern.
Von 1947 bis 1949 Schauspielunterricht bei Hella Kaiser am Staatstheater Braunschweig. Hier auch Theaterdebüt als Arbeiter in Zuckmayers Des Teufels General. Er gehörte bis 1953 diesem Ensemble an (und 1961/62). Von 1954 bis 1956 war er an den Bühnen der Stadt Köln unter Herbert Maisch engagiert.
Neben den beiden anderen Debütanten Horst Frank und Joachim Hansen hatte auch er Anfang 1957 seinen Einstieg ins Filmgeschäft mit dem unkritischen Heldenverehrungsepos Der Stern von Afrika (Regie: Alfred Weidenmann). Nach einem weiteren Soldatenfilm (Haie und kleine Fische), diesmal unter der Regie von Frank Wisbar, und zwei Filmen neben Hans Albers (Der Greifer) und Das Herz von St. Pauli) in der Regie von Eugen York, schaffte Felmy seinen Durchbruch zum Nachwuchs-Star.
Auch im Hörfunk und in der Synchronisationsarbeit (er gab u.a. Daniel Gélin, Jack Nickolson und Philippe Lemaire seine Stimme) hatte Felmy zu tun. Aber er wollte nicht auf Soldatenrollen festgelegt werden. Kurt Hoffmann setzte ihn 1958 in seiner wunderbaren Wirtschaftswunder-Nachkriegs-Satire Wir Wunderkinder (nach dem Roman von Hugo Hartung) ein, wo er neben Johanna von Koczian und Robert Graf den angehenden Journalisten Hans Boeckel spielt (es ist einer meiner Lieblingsfilme, nicht zuletzt auch wegen der "Zwischentöne" der beiden Buben Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller).
Seine Popularität konnte er noch steigern mit der Rolle des Hauptkommissars Heinz Haferkamp in der TV-Dauerserie Tatort, wo er von 1974 - 1980 bei 20 Einsätzen in Essen im Ruhrgebiet ermittelte. Zum oberen Foto links: Kommissar Haferkamp (Felmy) in dem im November 1979 gezeigten Tatort "Schweigegeld" in der Regie von Hartmut Griesmayr und einem Drehbuch von Herbert Lichtenfeld. Der Tatort-Fundus schreibt hier zum Inhalt: "Beim Briefmarkenhändler Klaven wird eingebrochen. Der Täter findet eine relativ geringe Beute, am nächsten Tag jedoch heißt es, daß eine wertvolle Sammlung verschwunden sei. Klaven hat offensichtlich bei sich einbrechen lassen, um die Versicherung zu betrügen. Klavens Schwager Storck, der die Tat beobachtet, den Einbrecher verfolgt und ihn dabei unbeabsichtigt getötet hat, sieht eine Möglichkeit, seine katastrophale finanzielle Lage aufzubessern: Er erpreßt seinen Schwager Klaven wegen des Versicherungsbetrugs.
Alle Tatorte, in denen H. Felmy als Kommissar Haferkamp von 1974 bis 1980 auf Verbrecherjagd ging: Acht Jahre später - Zweikampf - Der Mann aus Zimmer 22 - Wodka Bitter-Lemon - Die Abrechnung - Treffpunkt Friedhof - Zwei Leben - Fortuna III - Abendstern - Spätlese - Drei Schlingen - Das Mädchen von gegenüber - Rechnung mit einer Unbekannten - Lockruf - Der Feinkosthändler - Die Kugel im Leib - Ein Schuss zuviel - Schweigegeld - Schussfahrt - Schönes Wochenende - Hierzu bitte lesen >>>
Hansjörg Felmy war in erster Ehe mit Elfriede Rückert verheiratet, mit der er einen Sohn großzog. Nach der Trennung heiratete er seine langjährige Wegbegleiterin Claudia Wedekind. Nach dem Engagement im "Tatort" zog sich Felmy immer mehr in sein Privatleben zurück. Seine letzten Jahre verbrachte er in Niederbayern.
(Einige Informationan aus "Das große Personenlexikon des Films" von Kay Weniger, Verlag Schwarzkopf und Schwarzkopf - mit Erlaubnis des Autors)
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Layout:
Rosemarie Kuheim
Bearbeitet: 14. August 2023 Diese Kurzbiografie kann nur rudimentär sein und die auf der Seite genannten Filme nur eine Auswahl von Filmen der Künstlerin / des Künstlers enthalten. Die Angaben erheben daher keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit, deshalb sind Links angebracht, die weitere Hinweise geben. Da ich auf Inhalte zu externen Webseiten keinen Einfluss habe, kann ich auch keine Gewähr dafür übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich. Die verlinkten Seiten wurden zum Zeitpunkt der Verlinkung auf mögliche Rechtsverstöße überprüft. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten ist jedoch ohne konkrete Anhaltspunkte einer Rechtsverletzung nicht zumutbar. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden derartige Links umgehend entfernt. Sollten mir bei den o.g. Angaben inhaltliche Fehler unterlaufen sein, so werden diese bei entsprechender Nachricht und Kontrolle korrigiert.
|
Tatort - Überlegungen zur Figur des Kommissars
Unser Kommissar ist ein Mann von 40 Jahren. Er hat die Erfahrungen der Männer, die in ihrer Jugend den Krieg erlitten und den Eintritt ins Mannesalter in den Wirren der Nachkriegszeit erleben. In der Zeit des Schwarzmarktes, der Care-Pakete, des Not-Abiturs. In die Phase seiner beruflichen und privaten Erfahrungen als Erwachsener fällt der Wiederaufbau. Unser Mann, nennen wir ihn Heinz Haferkamp, lebt mit diesen Erinnerungen; sein Verhältnis zum Beruf, zum Leben ist von diesen Erfahrungen geprägt. Seine Haltung ist melancholisch. Auf den ersten Blick wirkt er sauer. Sobald er aber einen Fall hat, zeigt er seine ungebrochene Tatkraft. Er ist vital, er kann Menschen für sich einnehmen, er hat dann eine Hartnäckigkeit, die in deutlichem Gegensatz zu seiner melancholischen Grundstimmung steht.
Haferkamp ist eher "männlich" als "väterlich". Er trinkt gern. Heinz Haferkamp hat eine große Plattensammlung. Er ist mit der Musik seiner Jugend groß geworden, dem Jazz der vierziger Jahre.
Haferkamp arbeitet in Essen, der Metropole des Ruhrgebietes, hinreichend groß, hauptsächlich Arbeiterbevölkerung, aber auch Geld, auch Verwaltung, nicht nur Tristesse, auch Ruhrtal und Baldeneysee; zwischen dem mondänen Anstrich von Düsseldorf und dem düsteren Mond von Wanne-Eickel - auch geographisch.
Kompetenzbereich, Arbeitsweise, Hierarchie der Polizei werden grundsätzlich richtig wiedergegeben. Das hat noch nichts mit Realismus zu tun, sondern einfach mit Korrektheit. Es ist für eine Serie schlecht, wenn - wie jüngst bei einem Tatort - einige hunderttausend Zuschauer erkennen, dass die Arbeit der Polizei insofern unrichtig dargestellt wird, als ein Kommissar in den Fall einsteigt, der dafür bei dem Stand der Dinge gar nicht zuständig ist. Eine richtige Darstellung der Arbeitsweise der Polizei muss nicht in Schilderung und Kleinkram ausarten.
Der alte Streit um Kriminalisten, ob der wissenschaftlichen Methodik mehr zuzutrauen sei oder der Intuition, berührt Heinz Haferkamp nicht. Er bedient sich mit selbstverständlicher Routine der wissenschaftlichen Methoden. Beziehungsweise: seine Mitarbeiter erledigen das für ihn. Was ihn an der Auflösung von Verbrechen fasziniert hat zu tun mit seiner persönlichen Motivation. Sein Erfolg kommt vom besonders feinen Verständnis von Motiven. Er entfaltet viel Intensität im Aufspüren von Zusammenhängen. Er versteht das Verbrechen so gut, dass man meinen möchte, er selbst könne Taten vollbringen, wie er sie aufzudecken hat. Sein Verständnis leitet sich - im weitesten Sinne - von Erfahrungen her. Erfahrungen der Nachkriegszeit, Erfahrungen mit seiner Familie. Er hat ein Talent, sich schnell Kenntnisse auf entlegenen Gebieten anzueignen, das ermöglicht ihm, Bezüge und Motivationen in den Einrichtungen der Villen, in den Sammlungen, den Büchern, den Zeichen für Wünsche und Träume derer zu sehen, die in seine Fälle verwickelt sind.
Unser Kommissar ist Einzelgänger. Das heißt: die Aspekte eines Falles, auf die es ihm besonders ankommt, löst er allein. Für einzelne Recherchen werden Mitarbeiter eingesetzt. Wir denken an mindestens zwei Männer. Einer könnte Spezialist für kriminaltechnische Untersuchungen sein. Der andere könnte ein etwas schusseliger Typ sein, der gelegentlich für Heiterkeit sorgt.
Haferkamps besondere Fähigkeiten könnten akustischer und idiomatischer Art sein: Er erkennt eine Stimme, einen Tonfall noch nach Jahren wieder, auch wenn er sie nur einmal - und sei es am Telefon - gehört hat; und er hat ein feines Ohr für Sprache, für die Art eines Menschen, Sätze zu bilden, Lieblingsausdrücke zu gebrauchen, Spracheigenarten zu haben.
Haferkamp ist seit langen Jahren geschieden. Er hat damals seine Jugendliebe geheiratet, ein Mädchen aus guten Kreisen. Die Ehe ist bald an den zu verschiedenen Zielvorstellungen über das Leben gescheitert. Wenn Haferkamp seine Ex-Frau trifft, versteht man erst nicht, warum die beiden nicht beisammen geblieben sind. Sie ist äußerst attraktiv und gescheit. Sie genießt seine Gegenwart offensichtlich. Nur in wenigen Äußerungen merken wir, dass sie anderen Wertschätzungen verhaftet ist.
Die Fälle, die Heinz Haferkamp bearbeitet, müssen so stark, so bedeutend sein, dass sie auch außerhalb von Tatort erzählenswert wären. Die Art und Weise, wie er auf Fälle kommt und wie er sie löst, soll spezifisch sein. Derart, dass man sagt: das ist ein Fall für Haferkamp! Die Fälle müssen dramaturgisch nicht durchgehend aus seiner Sicht erzählt werden. Dem Zuschauer soll nie etwas vorenthalten werden, was der Kommissar weiß, der Zuschauer kann jedoch auch mehr wissen als der Kommissar. Der Zuschauer soll nicht einem Ratespiel ausgesetzt werden, vielmehr soll der Zuschauer sehen, wie der Kommissar das Rätsel löst.
Diese ersten Überlegungen zu einem neuen Tatort-Kommissar sind eine Gemeinschaftsarbeit von sieben Autoren. Die Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind relativ intensiv diskutiert. Über viele Details (z.B. Hobbies, Auto, Wohn-Situation) gibt es Vorschläge, die wir mündlich erläutern wollen. Über Stoffe gibt es selbstverständlich auch schon Vorstellungen. Bevor Stoffe diskutiert werden, sollte über den Kommissar Einverständnis erzielt werden. Wir haben darzulegen versucht, inwiefern ein Kommissar mit einer stark entwickelten persönlichen Sphäre eine realistische Figur sein kann.
Geiselgasteig, 14. Oktober 1972 Georg Feil, Werner Kließ, Philippe Pilliod, Peter Scheibler, Wilfried Schröder, Oliver Storz, Karlheinz Willschrei (Drehbuchautoren)
(Quelle: Entnommen aus Broschüre "Fernsehspiele Westdeutscher Rundfunk", Ausgabe Januar bis Juni 1974. Herausgeber: WDR-Pressestelle)
|