Fritz Umgelter Regisseur
Geboren
am 8. August 1922 in Stuttgart.
Gestorben
am 9. Mai 1981 in Frankfurt/Main. Einer der 'Pioniere' des Fernsehspiels. Regisseur und Schauspieler am Staatstheater Wiesbaden. Bühnenbildner in Tübingen. Kriegsjahre. Studium der Philologie in Straßburg, Tübingen und München. Zunächst Arbeit als Bühnenbildner in Tübingen, danach als Theaterregisseur in Augsburg und Wiesbaden.
Walter Oehmichen, Chef der "Augsburger Puppenkiste", ein Kollege von Fritz Umgelter, arbeitete in Frankfurt als Regisseur. Er fragte ihn, ob er als Regisseur dort tätig sein wollte. So inszenierte er mangels Aufzeichnungstechnik in den Jahren 1953/54 die ersten Sendungen der Augsburger Puppenkiste live für den Hessischen Rundfunk. Ab 1953 dann Regisseur und Programmgestalter beim Hessischen Rundfunk, wo er ab 1955 Leiter der Abteilung Fernsehspiel, Unterhaltung und Dokumente war.
Ab 1956 war er freier Regisseur. Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. Er drehte auch einige Spielfilme für das Kino, am bekanntesten war Wenn die Conny mit dem Peter (1958), mit Peter Kraus und Cornelia Froboess, und mindestens einhundert Arbeiten unterschiedlichster Art in verschiedenen Genres für das Fernsehen.
Er begann zunächst mit Live-Inszenierungen unterhaltender Theaterstücke, darunter Die Panne (1957) nach Dürrenmatt. Früh bewundert, wegen der Fähigkeit, die Schwierigkeiten der Studio-Regie bei maximalem Aufwand zu bewältigen, z.B. am 24.11.1957 mit einer ca. dreieinhalbstündigen Don Carlos-Live-Inszenierung. In den zwei für heutige Begriffe primitiven kleinen Studios des BR wurde in 24 (!) Dekorationen im fliegenden Wechsel und ohne nennenswerte Panne gespielt. Darsteller dieser Inszenierung waren u.a. Paul Verhoeven, Ernst Fritz Fürbringer und Georg Thomas.
Soweit die Füße tragen mit Heinz Weiss in der Hauptrolle war 1959 der erste Mehrteiler des Fernsehens, 6 Teile, 400 Minuten Film, produziert in 79 Drehtagen für nur 1 Million Mark (heute nicht mehr vorstellbar!). Die abenteuerliche Flucht eines deutschen Kriegsgefangenen aus dem sibirischen Straflager berührte viele Zuschauer zutiefst (mit einer fast 90%igen Sehbeteiligung, ebenfalls heute nicht mehr vorstellbar!). Im Jahre 2001 gab es eine Neuverfilmung mit Bernhard Bettermann in der Hauptrolle, die - wie ich finde - ebenfalls sehenswert ist, wenn sie auch von der Buchvorlage und der Verfilmung von Fritz Umgelter abweicht. Der Erfolg dieses Films zog zwei weitere Mehrteiler nach sich, und zwar Am grünen Strand der Spree (1960) nach dem 1955 verfassten Roman von Hans Scholz und Wer einmal aus dem Blechnapf frisst (1962) nach Hans Fallada.
Aufwändige Klassiker-Interpretationen wie Prinz Friedrich von Homburg (1961) mit Thomas Holtzmann in der Titelrolle oder König Richard III. (1964) mit Wolfgang Kieling in der Titelrolle zum 400. Geburtstag Shakespeares mit 57 Darstellern und 140 Komparsen, gleichzeitig auch in Österreich und der Schweiz gesendet, dienten der ARD zur Repräsentation.
Weiterhin brachte Umgelter eine Adaption des Dürrenmatts Klassiger Die Physiker auf den Bildschirm mit einer unnachahmlichen Therese Giehse als Fräulein Dr. Mathilde Zahnd (1964). Eine Filmversion nach der Romantrilogie von Manès Sperber mit dem Titel Wie eine Träne im Ozean drehte Fritz Umgelter 1970. Der Film stellt eine Kolossalchronik über die fünfzehn Jahre des europäischen Bürgerkrieges von 1930 bis 1945 dar. In 3 Teilen beschäftigt sich der Bericht mit der Zeit kurz vor Hitlers Machtergreifung bis zum Sieg der Alliierten. 1971 erhielt Fritz Umgelter den Adolf-Grimme-Preis der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für die Regie von Wie eine Träne im Ozean.
1967 bekam Fritz Umgelter einen Fernsehfilmpreis für Bratkartoffeln inbegriffen.
Zwei Filme für den Südwestfunk, für die Wolfgang Menge das Drehbuch schrieb, setzten sich mit der Gesellschaft der BRD auseinander: Rebellion der Verlorenen (1969), drei Teile, nach dem Roman von Henry Jaeger begründet einen Kriminalfall gesellschaftspolitisch; Sessel zwischen Stühlen (1970) ist der Versuch, im Spiel die zwiespältige Rolle des Arbeitsdirektors im Interessenkonflikt zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kenntlich zu machen. An Das Klavier (1972) von Julius Tinzmann, an diesem Frauenschicksal in Posen zwischen den Kriegen interessiert Umgelter der emanzipatorische Aspekt. Außerdem setzte Fritz Umgelter auch einige Tatort in Szene: Die Rechnung wird nachgereicht (HR 1975), Zwei Flugkarten nach Rio (HR 1976), Flieder für Jaczek (HR 1977 - die genannten drei mit Klaus Höhne als Kommissar Konrad), Feuerzauber (SFB 1977 - mit Martin Hirthe als Kommissar Schmidt) und Schattenboxen (HR 1981 - mit Lutz Moik als Kommissar Bergmann).
(Quelle: Egon Netenjakob: "TV-FILMLEXIKON - Regisseure - Autoren - Dramaturgen", Fischer-Cinema TB-Verlag, Originalausgabe März 1994, Frankfurt/Main - mit Erlaubnis des Autors)
Layout:
Rosemarie Kuheim
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