Hans Neuenfels

Regisseur  Drehbuchautor  Intendant

 

     

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Am Anfang war der Dieb ... R, 1984, Regie zusammen mit Jean Genet und Francois Bondy, 35 Min., Dokumentation

Die Hand mit der filterlosen Zigarette zittert, aber die Großaufnahme der Fernsehkamera die jede Falte, jede Bartstoppel abtastet, offen voyeurhaft auf der Suche nach dem Dieb, dem Dichter, dem Mythos Genet, zeigen Augen, die noch immer voller List sind. Es dauert nicht lange und Genet hat seine Interviewer in die Enge getrieben. Er schimpft auf Berlin, die "amerikanisierte Stadt". 1935 sei er hier und in deutsche Männer verliebt gewesen. Heute regten sie ihn überhaupt nicht mehr auf: Für die Erotik sei Deutschland verloren. Seine Literatur sei "eine bescheidene Arbeit, eine sehr bescheidene ... ein Mittel, nicht wieder ins Gefängnis zu gehen". Für ihn gebe es keine Naziverbrecher, nur Verbrechen gegen Juden, Indianer, Neger, Palästinenser. "Ich weiß nicht, ob ich einen neuen Ausdruck in die französische Sprache gebracht habe, ich weiß nicht, ob ich eine neue Dichtung geschaffen habe. Wenn es mir aber gelungen ist, so etwas fertig zu bringen, so nicht, weil ich die französische Sprache liebe, sondern weil ich sie hasse. (Quelle: Ziegler Film)

  

 

Das blinde Ohr der Oper ... R, DA, 1990
    
  

 

Europa und der zweite Apfel ... R, DA, 1988, 110 Min., nach Heinrich von Kleist

Darsteller: Heino Ferch, Hans-Michael Rehberg, Elisabeth Trissenaar, Peter Palitzsch, Irm Hermann

   

   

 

Die Familie oder Schroffenstein ... R, 1983

Szenefoto aus "Die Familie oder Schroffenstein" - Foto: Ziegler-Film

Die verwandten Adelsfamilien der Rossitz und der Warwands belauern sich argwöhnisch und hasserfüllt, seit ein Erbvertrag festlegt, dass die gesamten Güter jeweils der überlebenden Linie zufallen sollen. Misstrauen und Rachegefühle beherrschen die Familien. Erst als die sich liebenden Kinder Ottokar und Agnes vom jeweiligen Vater - durch einen Kleidertausch - irrtümlich niedergestochen in ihrem Blute liegen, bemerken die Altvorderen den Irrsinn ihrer Wahnvorstellungen. (Quelle: Ziegler Film)

  

   

 

 

 

   

Elisabeth Trissenaar in "Das Gehirn zu Pferde" - Foto mit freundlicher Genehmigung Ziegler-Film

Das Gehirn zu Pferde ... R, DA, 1986

Der Film schildert nicht die historische Person August Strindberg. Er untersucht vielmehr das "Strindbergianische", jenen Begriff, der den Schriftsteller zum Experten der Frau-Mann-Beziehung in unserem Jahrhundert werden ließ, und der für die Unvereinbarkeit der Geschlechter steht, für ihre Qual, ihre Eifersucht, ihre Verzweiflung, ihre Öde, ihre Einsamkeit und den Trieb. Der Film kommt zu anderen Ergebnissen als zu den bislang vorliegenden. Die Kluft zwischen den Geschlechtern war deswegen nie größer als bei Strindberg, bei seiner Person wie in seinem Werk, weil seine Betrachtung ausschließlich dem eigenen, dem Mannbild galt. Das Frauenbild ließ er unberührt. Er benötigte die Rolle der Frau, die historisch- fixierte, als Konstante, um die eigene Situation genauer und sicherer dagegen abzugrenzen. Strindbergs Leben und sein Werk sind eine Rechnung mit einer Unbekannten: Frau. Das Verdienst Strindbergs ist es, das Klischee "Mann" zertrümmert zu haben- aber auf Kosten der Frau.

(Quelle: Ziegler-Film, auch Foto-Copyright)

     

 

 

 

Hedda Gabler ... R, 1973

     

  

Heinrich Penthesilea von Kleist ... R, DA, 1983

Elisabeth Trissenaar und Hermann Treusch in "Heinrich Penthesilea von Kleist" - Foto: Ziegler-Film

Ausgehend von seiner Theaterinszenierung der "Penthesilea" Heinrich von Kleists hat Hans Neuenfels einen Film gestaltet, der auch seine eigenen Reflektionen zu dieser Arbeit einwebt und die Theaterfigur schließlich mit ihrem Schöpfer eins werden lässt. Der Rundschlag über die Kulturgeschichte von Troja bis Berlin 1982 erscheint zu wenig gelenkt, und am Ende ist der Kerngedanke nicht zwingend herausgearbeitet. (Quelle: tiscali / V. Hannwacker - Filmjahr 84)

 

"Heinrich Penthesilea von Kleist". Der verschränkte Titel besagt, dass es hier nicht allein um die Verhängnis-Verwandtschaft zwischen dem griechischen Halbgott und der Amazonenfürstin geht, die aus der Liebesnot, wer wen besiegen soll, solange keinen Ausweg finden, bis Penthesilea gemeinsam mit ihrem Hunden den Helden zerfleischt und daraufhin ihren eigenen Tod als Seelen-Suizid vollstreckt. Zur Sprache kommen außer langen Passagen der Tragödie auch die minder verhängnisvolle Verwandtschaft zwischen dem Regisseur und seinem Dramatiker oder den Schauspielern und ihren Rollen und überhaupt zwischen der Dichtung, ihrer Verwirklichung und der Wirklichkeit... Die Kleist'schen Figuren bekommen immer wieder Ausgang und dürfen in West-Berlin spazieren gehen. Ihr Regisseur macht sich geradezu zu ihrem Opfer, indem er sie da und dort, auf dem S-Bahnhof, in der Kneipe, nachts auf der Straße oder im Morgengrauen auf dem Kurfürstendamm als sein eigenes Geistervolk erscheinen lässt, das ihn foppt, überrumpelt und mit Slapstick-Brutalität zu Boden schlägt. Aber auch am Arbeitsplatz im Theater sind sie eine vieldeutige Bande. Denn die Trennung zwischen den Personen und ihren Darstellern ist so gut wie aufgehoben. (Quelle: Ziegler-Film, auch Foto-Copyright)

  

   

 

 

Elisabeth Trissenaar in "Die Schwärmer" - Foto mit freundl. Genehmigung Ziegler-Film

Die Schwärmer ... R, DA, 1984, nach Robert Musil, 116 Min.

Der Film schildert die Problematik von Vierzigjährigen, die einerseits einen Großteil ihres Lebens schon gelebt haben, andererseits s o nicht weiterleben wollen und können. Zentrum der Handlung ist eine alte Villa, abseits von Berlin. Der Film beginnt an einem Wintermorgen des 13. Februar und endet am Morgen des 14. Februar 1926. Die Jahreszeit bietet keinen Schutz, das Haus ebenfalls nicht. Schonungslos vertreten die Personen ihren Standpunkt: Thomas, der Erfolgreiche, der Wissenschaftler, Anselm, der aussteigen will, aber dazu nicht die Kraft hat, Maria, die behütete Frau, die ihre eigenen Erfahrungen vermisst und aufbricht, um sie zu machen, Regine, deren Freiheitsdurst größer ist als ihre Kraft, Josef, ihr Mann, der das "Normale", das statistische Prinzip verkörpert, Stader und Mertens, zwei "Miterleber", die sich in verstiegene, aber lebensfähige Gedankengebäude retten. Im Mittelpunkt steht die Frage: was heißt Beziehung, wie ist sie möglich, ist sie überhaupt auf die Dauer möglich und was, wenn nicht? Retrospektiven und Ausbrüche in die Phantasie umspannen das Geschehen, das sich immer mehr zu einem fließenden Übergehen von Raum und Zeit verdichtet. Mit radikaler Konsequenz untersuchen die vier Hauptpersonen ihren Zustand und die Fragwürdigkeit der Begriffe. Die Emotionen werden ebenso strapaziert wie der Intellekt. Am Ende der Nacht sind sie alle allein, aber nur so wird jeder sich finden können. Es sind autonome Menschen im Aufbruch, deren Sehnsüchte scharf und reich gegen "dieses eingelebte Leben" arbeiten, dieses Spartendenken ohne Entwurf. (Quelle: Ziegler-Film, auch Foto-Copyright)

Darsteller: Hermann Treusch, Sabine Sinjen, Elisabeth Trissenaar, Joachim Bliese, Gottfried John

  

  

 

Und Rosa und Marilyn und... R, 1977, nach dem Theaterstück "Rote Sterne" von Pierre Bourgeade

  

 
  

  

Weitere Theaterinszenierungen von Hans Neuenfels (eine Auswahl)

 

"Publikumsbeschimpfung", Handke, Krefeld, 1966
"Der seidene Schuh", Claudel, Krefeld, 1968
"Marat/Sade", Weiss, Heidelberg, 1968
"Zicke Zacke", Terson, Heidelberg, 1969
"Dantons Tod", Büchner, Heidelberg, 1969
"Die Räuber", Schiller, Mannheim, 1971
"Nora", Ibsen, Stuttgart, 1972
"Troilus und Cressida", Shakespeare, Frankfurt/M., 1972
"Hedda Gabler", Ibsen, Frankfurt, 1973
"Baal", Brecht, Frankfurt, 1974
"Troubadour", Verdi, Nürnberg, 1974
"Macbeth", Verdi, Frankfurt, 1976
"Medea", Euripides, Frankfurt, 1976
"Lulu", Wedekind, Zürich, 1977
"Hamlet", Shakespeare, Hamburg, 1978
"Franziska", Wedekind, Wien, 1978
"Iphigenie auf Tauris", Goethe, Frankfurt/M., 1980
"Aida", Verdi, Frankfurt/M, 1981
"Penthesilea", Kleist, Berlin, 1981
"Die Schwärmer", Musil, Berlin, 1981
"Die Macht des Schicksals", Verdi, Berlin, 1982
"Die Soldaten", Zimmermann, Berlin, 1983
"Der Balkon", Genet, Berlin, 1983
"Rigoletto",Verdi, Berlin, 1986
"Elektra", Euripides, Berlin, 1986
"Emilia Galotti", Lessing, Berlin, 1987
"Der tollwütige Mund", Neuenfels, Berlin, 1988

"Antonius und Cleopatra", Shakespeare Berlin, 1989
"Torquato Tasso", Goethe, Hamburg, 1990
"Das Käthchen von Heilbronn", Wien, 1992
"Die Meistersinger von Nürnberg", Wagner, Stuttgart, 1994
"Die Wände", Hölszky/Genet, UA, Wien, 1995
"Der Clarisse-Komplex", Musil/ Neuenfels, München, 1996
"König Kandaules", Zemlinsky, Wien, 1997
"Le Prophète", Meyerbeer, Wien, 1998
"Die tätowierte Rose", München, 1998
"Nabucco", Verdi, Berlin, 2000
"Frau Schlemihl und ihre Schatten", Neuenfels, UA, München, 2000
"Giuseppe e Sylvia", Hölszky, Libretto: Neuenfels, UA, Stuttgart, 2000
"Neapel oder Die Reise nach Stuttgart", Neuenfels, UA, Stuttgart, 2001
"Meine Mutter", Bataille, Stuttgart, 2001
"Titus Andronicus", Shakespeare, Berlin, 2001
"Totentanz", Strindberg, Berlin, 2002
"Don Giovanni", Mozart, Stuttgart, 2002
"Jackie und andere Prinzessinnen. Der Tod und das Mädchen IV und V", Jelinek, Berlin, 2002
"Idomeneo", Mozart, Berlin, 2003
"König Ödipus", Sophokles, Berlin, 2003
"Die Sache Makropoulos", Leos Janácek, Stuttgart, 2004
"Fidelio", Beethoven, Hamburg, 2004
"Die Schnecke", Moritz Eggert, Libretto: Neuenfels, Mannheim, 2004
"Lady Macbeth von Mzensk", Schostakowitsch, Berlin, 2004
"Schumann, Schubert und der Schnee", Libretto: Neuenfels,UA, Ruhrtriennale 2005

   

    

   

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

 

 

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 11. November 2023

  

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Die Fotos wurden mir freundlicherweise von Ziegler-Film zur Verfügung gestellt.