Die Patriotin
1979
Inhalt
"Dem
Zuschauer ist die Geschichtslehrerin Gabi Teichert bekannt aus
Deutschland
im Herbst. Es handelt sich dort um eine Szene in der
Schneelandschaft. Gabi Teichert gräbt. Entweder sie gräbt sich einen
Unterstand für den 3. Weltkrieg, oder sie gräbt nach der deutschen
Geschichte. Seither habe ich an dem Film Die
Patriotin gearbeitet. Der Film ist jetzt, September 1979, fertig. Es
geht erneut um Gabi Teichert. Sie gräbt jetzt tiefer.
In
ihren Forschungen befasst sie sich mit Bombenangriffen, mit dem Parteitag der
SPD, sie forscht nach der Geschichte der Körper, erlebt eine Kaufhausräumung,
gerät in Konflikt mit Vorgesetzten, trifft auf Märchen, prüft das Verhältnis
einer Liebesgeschichte zur Geschichte usf; alles das tut sie handgreiflich,
praktisch. Sie erprobt Werkzeuge. Wie man Autos oder Holzstücke bearbeitet, das
weiß man; wie bearbeitet man die Geschichte unseres schönen Landes?
Geschichte,
das sind nicht die gedruckten Buchstaben in den Bibliotheken. Die unglückliche
Gestalt, die die Geschichte im Schulunterricht – Gabi Teicherts Alltag –
aufweist, übergeht der Film höflich. Bleiben die Toten. Sie sind
Geschichte, und sie sind nicht nur einfach
tot. Hierüber gibt das Knie des in Stalingrad gefallenen Obergefreiten
Wieland nähere Auskunft. Einiges in der deutschen Geschichte sieht nämlich aus
der Perspektive des toten Knies anders aus.
Der
Zuschauer merkt, dass bei einer gewissen Menge von Erzählbarem jede
Inhaltsangabe auf den Film selber zurückweist. "Das ist eine Frage des
Zusammenhangs". 2000 Jahre Hoffnungen, Wünsche, Arbeit der Menschen –
genau das ist deutsche Geschichte –, die meist für etwas gestorben sind, um
das sie sich Mühe gegeben haben, entziehen sich der Festnagelung nach Inhalt,
Zusammenfassung, "verweigern den Oberbegriff". Wie bei manchen Musikstücken:
Inhalt haben sie nicht, Substanz ja.
(Quelle:
KINO
– Bundesdeutsche Filme auf der Leinwand, Hrsg. Robert Fischer, München,
1980)
Literatur: Alexander Kluge, "Die Patriotin – Text/Bilder 1-6" (Zweitausendeins, Frankfurt/Main)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 22. November 2020
Die o.g. Angaben zum Film sind nach bestem Wissen gesammelt, aufgeschrieben und bearbeitet worden und enthalten zum Teil Texte aus fremden Webseiten bzw. literarischen Quellen. Weiterhin möchte ich bemerken, dass ich auf Inhalte zu externen Webseiten keinen Einfluss habe und keine Gewähr dafür übernehmen kann. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich. Die verlinkten Seiten wurden zum Zeitpunkt der Verlinkung auf mögliche Rechtsverstöße überprüft. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten ist jedoch ohne konkrete Anhaltspunkte einer Rechtsverletzung nicht zumutbar. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden derartige Links umgehend entfernt. Sollten mir bei den o.g. Angaben Fehler unterlaufen sein, so werden diese bei entsprechender Nachricht und Kontrolle ebenfalls entfernt bzw. korrigiert. |