Das kleine Chaos
1966
Filmliste Rainer Werner Fassbinder
Inhalt
In Das kleine Chaos spielt Fassbinder selbst die Hauptrolle, einen jungen Mann, der zusammen mit zwei Freunden an den Wohnungstüren klingelt, um Abonnenten für eine Wochenzeitung zu werben. Sie nutzen die Gelegenheit, um bei den Leuten einzudringen, terrorisieren eine Dame und machen sich dann mit deren Geld davon. Während der erste Kurzfilm (Der Stadtstreicher) ein cineastischer Gruß an Rohmer war, ist dieser eine Reverenz an Godards Vivre sa vie (Die Geschichte der Nana S.), mit einem zentralen visuellen Zitat aus Godards Film: Fassbinder liest aus einem Buch in einer langen Einstellung, in der das Buch seinen Mund bedeckt. Es handelt sich übrigens um Henry de Montherlants Roman Die jungen Mädchen, der Fassbinder später als Inspirationsquelle für Satansbraten diente. Der letzte Satz, den Fassbinder liest, lautet: "Alles, was mir weh tut, tut mir wohl", eine sehr relevante Einführung in ein Lebenswerk, das in beispielloser Weise eine Ergründung des Masochismus ist. Anschließend streichelt Fassbinder seinen Revolver mit einer Onanierbewegung: ein Auftakt zu der starken Verknüpfung von Liebe, sexueller Frustration und Gewalt, die auch ein Hauptthema seiner zukünftigen Produktionen sein wird.
Das kleine Chaos enthält außerdem kurze Reverenzen an Raoul Walsh und François Truffaut und endet damit, dass Fassbinder, als die drei Freunde überlegen, wofür sie das gestohlene Geld verwenden sollen, entzückt ruft: "Ich geh ins Kino!".
Mit seinen beiden Kurzfilmen hatte Fassbinder ebensowenig Glück wie mit seinen Versuchen, in die Filmhochschule zu kommen. Der Stadtstreicher erhielt kein Prädikat mit der Begründung, er "verherrliche den Selbstmord", und Das kleine Chaos wurde vom Auswahlkomitee des Oberhausener Filmfestivals abgelehnt. Alle außer Fassbinder schienen davon überzeugt zu sein, dass er beim Film keine Zukunft habe. Dann absolvierte Fassbinder eine zweijährige Schauspielerausbildung an einer Privatschule in München und begann, Theaterstücke zu schreiben - aber immer mit dem Ziel, einmal Filme zu machen: Das Theater sollte das Sprungbrett zum Film sein.
(Quelle: Christian Braad Thomsen: "Rainer Werner Fassbinder - Leben und Werk eines maßlosen Genies", Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Hamburg, 1993, Seiten 220-221, Textübernahme mit freundlicher Erlaubnis des Autors)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 10. Oktober 2020
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