Grete Minde - Der Wald ist voller Wölfe
1977
Inhalt
Fontanes Grete Minde: Das große Feuer, das am 13. September 1617 die märkische Stadt Tangermünde zerstörte, war als Katastrophe bedeutend genug, um in mehreren zeitgenössischen Berichten überliefert zu werden: Es fielen ihm 486 Wohnhäuser, 33 gefüllte Getreidespeicher und unzählige Menschen zum Opfer. Doch hätte Fontane uns nicht auf "eine märkische Chronik" hingewiesen und hätte er auch die Namen von Stadt und Brandstiftern verändert, dann wäre es nicht so einfach, den historischen Ort der Erzählung zu finden. Denn selbst das - für den Aufbau von Grete Minde so wichtige Motiv der konfessionellen Intoleranz, die sogar die ständige Bereitschaft zur militanten Aktion nicht verhehlt, wäre auch in unser Jahrhundert übertragbar. Ein Vergleich des überlieferten historischen Vorfalls mit Fontanes Gestaltung hilft zur Verdeutlichung dessen, was den Dichter ans diesem Stoff "interessierte". Nach der Feuersbrunst - so berichten die wichtigsten Quellen - wurde aufgrund hinreichenden Verdachts der Mann von Margarethe Minde und später, aufgrund seiner Aussage nach hochnotpeinlicher Befragung, auch sie selber verhaftet. Nach einem langwierigen Prozess wurden beide der Mordbrennerei für schuldig befunden und 1617 unter grausamen Umständen hingerichtet. Das Tatmotiv der beiden: Rache für die Verweigerung des Erbteils.
Der Kritiker Pantenius würdigte 1894 die Fontanesche Erzählung mit folgenden Worten: "Der Stoff von Grete Minde ist das Kohlhaas-Motiv, die Wirkung, welche ein erfahrenes und nicht zu beseitigendes Unrecht auf einen geraden, störrischen Charakter ausübt. Die Trägerin der Idee ist diesmal eine Frau, Grete Minde, Tochter eines angesehenen Travemünder Bürgers. Die Schilderung, wie das unglückliche Weib schließlich ihre Vaterstadt in Brand steckt und selbst in den Flammen umkommt, ist ungemein erschütternd. Das eine entwickelt sich folgerecht aus dem anderen. Bei dieser Charakteranlage konnte es in diesen Verhältnissen nicht anders kommen. Die Erzählung ist eine regelrechte Tragödie und hat Furcht und Mitleid im Gefolge wie eine solche. Es liegt, trotz aller Lieblichkeit der Episoden, eine einheitliche, ernste Stimmung über dem Ganzen, und wir folgen dem Erzähler schaudernd und doch gefesselt bis zum furchtbaren Ende, in dem die Unschuldigen mit den Schuldigen verderben". (Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF, Heft 28, März - Mai 1980, hrg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit)
Aus einem Gespräch mit Heidi Genée: Die Geschichte der Grete Minde spukte mir schon seit Jahren im Kopf herum. Ich habe die Novelle mit siebzehn gelesen, und es hat mit unheimlich imponiert, was die da gemacht hat: Dinge, die man als 17jährige genauso empfindet, aber sich nicht zu machen traut. Und die Grete macht es dann stellvertretend für mich und die, die genauso denken. Diese Sympathie für die Grete Minde ist geblieben bis heute. Es ist eine sehr zwiespältige Figur, eine, die mein Verstand ablehnt und die mein Gefühl liebt. Die Novelle von Fontane besteht aus Poesie, sie besteht aber auch aus Wut und aus Kraft, und das hat mir immer sehr gefallen. Ich habe nie so viel Unrecht erlitten wie Grete, aber das wenige immer brav heruntergeschluckt; es gab ja keine andere Möglichkeit. Später habe ich auch noch die negativen Aspekte dieser Figur gesehen: dass sie den Menschen, den sie am meisten liebt, an ihrer Seite sterben lässt, ohne es zu bemerken. Denn was für sie die größte Freiheit ist, bedeutet für ihn den Untergang... Grete Minde ist eine Fremde in Deutschland: ein Mädchen, das eine spanische Mutter hat, und das wird ihr ständig vorgeworfen. Diese Mutter war katholisch, und ihr wird unterstellt, dass sie im Grunde ihres Herzens auch katholisch ist. Das Mädchen ist evangelisch getauft worden, aufgewachsen im evangelischen Deutschland, wird aber ständig von ihrer Umgebung in die Außenseiterposition gedrängt. Und als sie dann in dieser Außenseiterposition ist, benimmt sie sich auch wie eine Außenseiterin. Und das ist der Anfang vom Ende... Der Film ist die Geschichte einer verzweifelten Rache. Rache allein ist es nicht. Sie ist auch verzweifelt. Sie kann sich nicht anders äußern. Sie kann sich nur äußern, indem sie um sich schlägt. Sie ist siebzehn und hat noch nicht die Möglichkeit, sich mit Worten verständlich zu machen und mit ihrem Verstand zu kämpfen. Das kommt alles aus ihrem Gefühl heraus, und dieses Gefühl, das hat ja recht. Es wird ihr Unrecht getan, aber sie ist nicht imstande, dieses Unrecht zu wägen, indem sie sie darüber bewusst wird, wie es dazu kam und wer sie dazu gemacht hat und wie sie da wieder rauskommt. Sie reißt dann alles mit sich... Ich habe mich, was die Dialoge betrifft, sehr nahe an die Vorlage gehalten, weil ich sie wunderschön fang. Ich habe sie ur etwas modernisiert; Fontane kann man so nicht sprechen, das wird komisch, und dann nimmt keiner den Film an. Aber ich glaube, dass die Poesie, dass viel von Fontane doch noch erhalten geblieben ist. (Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF, Heft 28, März - Mai 1980, hrg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 23. Oktober 2020
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