Marmor, Stein und Eisen bricht

1984

 

Filmliste Hans-Christof Stenzel

  

   

   

 

Regie

Hans-Christof Stenzel

Drehbuch

Hans-Christof Stenzel, Uve Schmidt, Gabriele Schmelz

Redaktion

Martin Büttner

Produktion

Gemeinschaftsproduktion der Albatros-Filmproduktion, der Popular-Film und des ZDF innerhalb

des Rahmenabkommens Film / Fernsehen

Kamera

Lothar E. Stickelbrucks

Musik

Drafi Deutscher, Christian Bruhn

Kostüme

Katrin Melzer

Länge

90 Minuten

Sonstiges

Beschreibung bei FILMDIENST

Auszeichnung

-

Ur-/Erstaufführung

6. März 1984, 22.05 Uhr

Genre

Satire

      

    

  

Darsteller

Rolle

Volker Spengler

Hotte Bibermon
Heinz Schubert Erwin von Borkowski
Eva-Maria Hagen Gertrud Pohland
Sharon Brauner Rosalie Hohöfel
Lydia Kreibohm Anke Hohöfel
Hermann Nitsch Kinderfreund
Drafi Deutscher Löwenschluck
Peter Schamoni Meier-Krefeld
Martin Rosenstiel Ignaz Wunderlich
Michael Stone Dr. Erich Unkurieth
Hans-Christof Stenzel Staatsanwalt
Martin Büttner Haftrichter
Dieter Thomas Heck TV-Moderator

      

      

       

Inhalt

Horst (Hotte) Bibermon, Betongießer, ein Kerl wie ein Schrank, mit der empfindsamen Seele eines Kindes, lebt zusammen mit Gertrud Pohland, Wirtin der Kneipe "Zur feuchten Weltgeschichte", in West Berlin. Er zapft Bier und geht Gertrud zur Hand, in der Kneipe und im breiten Bett hinter der Kneipe. Dort kommt es auch zum Krach, weil sich Hotte nicht von seiner geliebten Puppi Susi trennen kann, die Gertrud erst beiseite räumen muss, wenn sie Hotte näher rücken will. So geht er mitsamt der Susi auf und davon.

Er trifft das verkrachte Genie Erwin von Borkowski, der sich doppelt angezogen fühlt, von Hotte selbst und von dessen mächtiger Singstimme. Seine intimsten Gefühle muss Erwin zwar im Zaum halten, weil Gertrud immer noch nicht ganz aus dem Rennen ist, eber er komponiert einen Song für Hotte: "Marmor, Stein und Eisen bricht". Mit Gertruds Hilfe und der des Industriellen Meier-Krefeld wird das bald ein ungeheurer Hit und Hotte ein Star.

Mit Erwin zieht er in ein piekfeines Appartement, wo er in das Blickfeld der neunjährigen Göre Rosalie Hohöfel gerät. Für die sind Hotte und Erwin in ihren roten Kapuzenbademäntel die Zwerge Trip und Trump, und die Puppe Susi ist eine Elfe aus der Märchenwelt. Als der in seinen geheimen Hoffnungen enttäuschte Erwin dann doch auszieht und Gertruf auftaucht, um Gardinen aufzuhängen, da sieht Rosalie in ihr eine böse Hexe, die den Zwerg einspinnen will. Um ihn zu erlösen, klaut sie in einem Sexshop einen silbernen Vibrator, einen Zauberstab, wie sie meint.

 

Denkbar ungünstig fällt dann der geplante Zeitpunkt der Erlösung. Teenager-Fans waren nämlich bei Hotte eingedrungen, hatten ihn arg zerzaust und die Puppe Susi als Sourvenier entführt. Gertrud deutet seinen desolaten Zustand aber anders und haut in ihrer Eifersucht ganz fürchterlich dazwischen. All die Zeugnisse des neuen Wohlstands fallen ihrer Raserei zum Opfer. Nicht das letzte Hemd und nicht die letzte Hose bleiben heil. Übrig bleibt nur Hotte, so wie Gott ihn schuf.

 

Da muss man es den Hausbewohnern und später auf dem Gericht wohl nachsehen, wenn sie Rosalies Erlösungsbesuch, just in diesem Augenblick, so total missverstehen. Die Anklage reicht von der Erregung öffentlichen Ärgernisses bis zur versuchten Verführung Minderjähriger. Der unschuldige Hotte wird verurteilt. Gertrud, Erwin die Fans und Saufkumpane fallen in tiefste Resignation.

Aber wie in jedem Märchen wird auch hier alles wieder gut. Für Rosalie ergibt sich sogar eine unerwartete neue Verwandschaftskonstellation, und Hotte schmettert, eine neue Susi im Arm, mit verklärtem Gesicht: "Marmor, Stein und Eisen bricht".

 

 

NICHT GANZ EINE LEGENDE

von Martin Büttner

Es wird immer wieder gesagt, der Film erzähle die Geschichte des Drafi Deutscher. Ein wenig Schuld daran ist auch der Verleih, der die Werbung mit dem Slogan aufmachte: "Eine Legende kommt ins Kino". Das stimmt nicht so ganz.

Im Jahr 1967 verurteilte das Kriminalgericht in Berlin-Moabit den Schlagersänger Drafi Deutscher zu acht Monaten Gefängnis auf Bewährung wegen Exhibitionismus vor Kindern. Von einer sensationslüsternen Boulevardpresse geschürt, ging ein Aufschrei der Entrüstung durch die Nation. Ein Idol, auf der Höhe seines jungen Ruhms, stürzte aus dem Schlagerhimmel in den Abgrund des Vergessens.

Was wirklich geschehen war, wird man wohl nicht genau erfahren. Die glaubhafteste Version, angeblich von mehreren Anwälten verbürgt, soll die sein: Zur Feier einer Goldenen Schallplatte hatte Drafi Deutscher eine englische Rockgruppe zu Gast. Nach Genuss von sehr viel Bier und aus Mangel an genügender Toilettenkapazität veranstaltete der Star mit seinen Gästen  vom tief gelegenen Balkon ein fröhliches Wettpinkeln. Es war schon früh und die Kinder gingen bereits zur Schule. Als dann Abends vom Fernsehen die Verleihung der Goldenen Schallplatte übertragen wurde, plapperten die lieben Kleinen zu Hause begeistert von der Begegnung am Morgen. Das soll alles gewesen sein. Drafi selbst hat mir wieder eine andere Version erzählt.

Wie auch immer, bei dem Film hat der Fall höchstens Pate gestanden. Für Hans-Christof Stenzel ging die Inspiration von dem Schlager aus, von "Marmor, Stein und Eisen bricht". Erst als das Buch schon in groben Zügen fertig war, machte er sich auf die Suche nach Drafi Deutscher, um die Rechte an dem alten Schlager zu erwerben. Die Bekanntschaft führte dann dazu, dass Drafi auch die übrige Musik für den Film schrieb, denn inzwischen ist aus ihm ein international erfolgreicher Komponist geworden, mit bestens eingerichtetem Tonstudio in Hamburg.

Dass er auch die Rolle des trinkfesten "Löwenschluck" übernahm, war nicht ohne Pikanterie, denn die Film-Gerichtsverhandlung gegen Hotte wurde im selben Saal Nr. 20 gedreht, in dem er damals verurteilt wurde, diesmal mit ihm auf den Zuschauerbänken, zwischen Hottes Saufkumpanen.

Der Film erzählt also nicht die Geschichte des Drafi Deutscher, sondern er ist im weitesten Sinne ein Märchen für Erwachsene, eine deftige Parodie auf den Starrummel und auf das Geschäft mit dem Sex. Er schildert die Abenteuer eines modernen Simplicius Simplicissimus in der Kneipen- und Subkultur des heutigen Berlin. Der Held ist ein ewiges Kind, das mit naiver Verständnislosigkeit unangefochten durch unsere schlechte Welt stolpert. Der durchaus derbe Berliner Witz soll dabei nicht Selbstzweck sein, sondern gezielter Seitenhieb auf die Selbstgefälligkeit der Spezies Mensch. Er trifft die Justiz und den Intellektuellen ebenso wie die Polizei und den biederen Bürger. Man kann und man soll darüber lachen, aber vielleicht auch ein wenig darüber nachdenken.

 

Quelle: Broschüre "Das Fernsehspiel im ZDF", Heft 44, März bis Mai 1984, herausg. Zweites Deutsches Fernsehen, Information und Pressearbeit

 

  

  

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 28. Juli 2024

  

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