Nichts als Erinnerung 

1974

 

Filmliste Michael Kehlmann

 

  

  

Regie

Michael Kehlmann

Drehbuch

Milo Dor

Vorlage

Nach dem gleichnamigen Roman von Milo Dor

Szenenbild

Nino Borghi

Schnitt 

Karl Aulitzky

Produktionsleitung

Günther Köpf

Produktion

Norddeutscher Rundfunk, Österreichischer Rundfunk

Kamera

Elio Carniel

Musik

Rolf Wilhelm

FSK

-

Länge

111 Minuten

Sonstiges

Der Film wird gesendet in der Reihe "Verfilmte Literatur: Große Erzähler reflektieren die Gesellschaft ihrer Zeit".

FBW-Bewertung

-

Ur-/Erstaufführung

6. Januar 1974

Genre

Literaturverfilmung

  

  

  

Darsteller

Rolle

Attila Hörbiger

Slobodan

Paula Wessely

Militzka, seine Frau

Peter Weck Sascha
Harald Harth Sreten
Kurt Sowinetz Issakowitsch
Dagmar Mettler Margit
Jidka Frantowa Ilona
Erik Frey Dragi
Manfred Inger Kellner
Günter Haenel Grujo
Tino Schubert Branko
Bruno Habrofsky 2. Rumäne
Fritz Weiss Dr. Simonowitsch

                  

 

 

Inhalt (Milo Dor zu seinem Film):

 

Nichts als Erinnerung ist mein zweiter Roman, der 1959, lange noch vor der Nostalgie-Welle, erschienen ist. Es ist die Geschichte meines Großvaters, der Mitte der dreißiger Jahre als Geschäftsmann zugrunde gegangen und bald darauf gestorben ist. Ich war damals 13 Jahre alt, so dass er für mich mit der Zeit zu einer sagenhaften Figur wurde, zu einem legendären Mann, der gescheitert war, weil er sich den Gepflogenheiten einer hart gewordenen Geschäftswelt nicht angepasst hatte oder nicht anpassen wollte. Ich habe daraus zwanzig Jahre später einen Roman gemacht. 

Der Schauplatz ist das Banat im Jahre 1936, die Hauptpersonen gehören drei Generationen einer serbischen Familie an, die eine gewisse Ähnlichkeit mit meiner eigenen Familie hat.

 

Da sind Slobodan Raikow, ein in Konkurs geratener Bankier, Besitzer von Ländereien, deren Hopfenernte er aus Gründen der Selbstachtung nicht verkaufen will, sowie seine Frau Militzka, die ihn liebt und ihn doch nicht versteht. Die beiden leben in erstarrter Haltung in ihrem verfallenen Haus. Da ist Slobodans Bruder, Dragi, der nach Amerika ausgewandert ist - ein Balkan-Schicksal -, für kurze Zeit heimgekehrt, mit einem riesigen Automobil, und dann wieder verschwindet wie ein Geist. Da ist Slobodans Sohn Sascha, ein ehemaliger k.u.k.-Offizier, der mit Geld, das er von einem Freund geliehen hat, Rennstallbesitzer wird, weil Pferde, neben Trinken und nachlässigen, verantwortungsfreien Liebschaften so ziemlich sein einziges Interesse ausmachen. Als er seine Pferde widerwillig und von den Umständen gezwungen, verkaufen muss, geht für ihn die Welt, in der er gelebt hat, zugrunde. Da ist schließlich Slobodans Enkel Mladen, der mit seinen Eltern in Belgrad lebt, ein Schüler, der vom Halbschlaf der Jugend noch umhüllt, den Untergang der Familie erlebt.

 

Der Roman beginnt wie zufällig, aber doch die Grundstimmung kennzeichnend, mit dem Selbstmord des Freundes von Sascha, eines reichen Kaufmanns, der keine materiellen Sorgen hatte, der nur "nicht mehr konnte". Vielleicht weil er ein Jude war. Auch Sascha kann eigentlich nicht mehr. Und wenn er erwägt, am spanischen Bürgerkrieg teilzunehmen, dann in dem schwermütigen Gedanken, dass er dort sterben werde. Sein Vater Slobodan, der immer häufiger zur Slibowitz-Flasche greift, weil er sich nicht zu einem Entschluss durchringen kann, der seinem Wesen zuwider ist, stirbt endlich einsam und friedlich auf seinem Gut, nachdem er noch einmal auf der Jagd war, ohne etwas zu schießen, und nachdem er noch einmal mit einem skurrilen Steuerexekutor Karten gespielt hat.

  

Das ist in kurzen Zügen der Inhalt des Romans und auch des Films. Da ich das Drehbuch selbst geschrieben habe, kann ich nicht gut sagen, dass der Film meine Geschichte schlecht oder falsch wiedergibt. Im Gegenteil. Ich war von dem Endergebnis, an dem mein alter Freund Michael Kehlmann wesentlich beteiligt war, angenehm überrascht. Vor allem war ich davon angetan, die Rollen von so guten Schauspielern verkörpert zu sehen, allen voran Attila Hörbiger und Paula Wessely als das alte Ehepaar Raikow, dann Peter Weck als ihr Sohn Sascha, dem das Scheitern sozusagen auf der Stirn geschrieben steht, und auch Kurt Sowinetz als Steuerinspektor Issakowitsch, der leidenschaftlich und bis zur Selbstvergessenheit spielt.

 

Vielleicht wird man sich fragen, wieso österreichische Schauspieler dazu kommen, alle Rollen in einem Film voller Serben zu spielen, wieso Michael Kehlmann, der nach seinen Inszenierungen von Stücken Ödön von Horvarths und Romanen Joseph Roths als Spezialist für "typisch österreichische" Themen gilt, dazu kommt, ausgerechnet diesen Film zu machen. Dazu möchte ich sagen, dass dieser Film nicht nur die Welt der Zwischenkriegszeit in Jugoslawien schildert, die verloren ist, sondern, in weiterer Rückspiegelung, auch den Untergang der Donaumonarchie, die das Leben jener Generation mitbestimmt hat - Banat war bekanntlich bis 1918 dabei - und die endgültig der Erinnerung angehört.

  

(Quelle: Einzelbroschüre zum Fernsehspiel des NDR Nr. 1/74, herausg. vom Norddeutschen Rundfunk, Redaktion Hauptabteilung Fernsehspiel)

  

  

  

  

 


  

 

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 20. November 2020

  

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