Nach Mitternacht
1981
Inhalt
Deutschland 1935. Die 16-jährige Susanne Moder, Sanne genannt (Desirée Nosbusch), wird nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem Bruder Algin, einem Schriftsteller, nach Frankfurt am Main geholt. Dort soll sie im Schreibwarenladen ihrer Tante Adelheid, bei der sie auch Unterkunft findet, arbeiten. Die dominante Tante ist eine glühende Anhängerin der Nationalsozialisten. Sanne verliebt sich in den Sohn des Hauses, ihren Cousin Franz. Als seine Mutter erfährt, dass die beiden heiraten wollen, sabotiert sie diese Pläne, indem sie Sanne wegen despektierlicher Äußerungen über Reichsmarshall Göring bei der Gestapo anzeigt. Mit vielen Unglücklichen findet sich das Mädchen schrecklichen Verhören ausgesetzt, denen sie jedoch glücklicherweise noch einmal glimpflich entkommt. Wieder auf freiem Fuß, verlässt Sanne das Haus ihrer Tante und zieht in die Villa ihres Bruders. Algin ist ein Schriftsteller, doch seitdem die Partei bestimmt, was Literatur ist und was nicht, hat auch er den Halt verloren.
Sanne trifft ohne Vorbereitung auf den Fanatismus, der um sie herum herrscht. Als Hitler Frankfurt besucht, gerät sie unter die aufgeheizten Massen und muss ansehen, wie ein sechsjähriges Mädchen - von den Eltern getriezt - für das Vaterland bzw. die Liebe zum Führer stirbt. Fast gleichzeitig scheitert Sannes beste Freundin Gerti an ihrer Liebe zu einem Halbjuden. Doch ihre Abscheu vor dem System erreicht den Höhepunkt nach einem großen Fest im Haus ihres Bruders. Wie in einem Mikrokosmos sind dort noch einmal alle Unglücklichen versammelt, die Deutschland bis dahin auch repräsentiert hatten, und von denen das Dritte Reich und der Krieg nichts übrig lassen werden. Der berühmte Arzt Dr. Breslauer steht vor der Abreise in die Emigration; Algins bester Freund, ein Journalist, der sich Emigration nicht vorstellen kann, erschießt sich vor den Augen der Festgesellschaft. Und auch Franz ist nun ein Gesuchter, ein Verfolgter - er hat den Mann getötet, der ihn und seinen Freund Paul denunzierte. Während Franz fliehen konnte, befindet sich Paul noch in Haft - sein sicherer Tod. Sanne beschließt, Franz auf seiner Flucht zu begleiten, mit dem Zug nach Rotterdam - Aufbruch in eine völlig ungewisse Zukunft ...
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Irmgard Keun - die Autorin ist übrigens in einer Caféhaus-Szene in einem Cameo-Auftritt zu sehen - war das Spielfilmdebut von Desirée Nosbusch, die danach immer wieder ihre vielfältigen Talente als Moderatorin und Schauspielerin bewies. Anhand von Sannes Geschichte zeigt der Film in Form des Melodrams ein Einzelschicksal in der Zeit des Nationalsozialismus - die Konfrontation zwischen jugendlicher Unschuld und einem unbändigen Drang nach Leben mit einem starren, unmenschlichen System.
(Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF 1985, Heft 50, Seite 10)
Die Schriftstellerin Irmgard Keun wurde 1910 in Berlin geboren und besuchte in Köln die Schauspielschule. Nach einer kurzen Bühnenlaufbahn begann sie bereits mit 21 Jahren zu schreiben. Ihre Bücher wurden von den Nazis verboten. 1935 emigrierte die Schriftstellerin zunächst nach Belgien und in die Niederlande, später dann in die USA. 1940 kehrte sie zurück und lebte bis 1945 illegal in Deutschland. Ihr Gesamtwerk umfasst neun Bände. Die Autorin starb 1982 in Köln. Ihr wohl bekanntester Roman war "Das kunstseidene Mädchen".
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 28. Oktober 2020
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Das Foto wurde mir freundlicherweise von Ziegler-Film zur Verfügung gestellt.
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