Kamikaze 1989
1981/82
Inhalt
Der
Fahrstuhl des Konzerns endet im 30. Stock. Durch Zufall entdeckt Polizeileutnant
Jansen (Rainer Werner Fassbinder), dass es noch einen 31. gibt. Wer sitzt in
dieser obersten Etage, auf die kein Schild hinweist?
(Quelle:
Ziegler-Film)
Wolf Gremm setzt hier einen Science-fiction-Angsttraum von einer perfekten, konzernbeherrschten, in Wohlstand und Frohsinn erstickten Zukunftswelt in triste Bilder, mit einem von Fassbinder gespielten schäbigen Polizeileutnant als "hässlichen Deutschen".
(Quelle: "TV-Filmlexikon - Regisseure, Autoren, Dramaturgen 1952-1992" von Egon Netenjakob, Fischer Cinema TB, Nr. 11947)
Die Handlung dieses Social-fiction-Krimis spielt in der Zukunft, in einer fiktiven Bundesrepublik, die in vieler Hinsicht einem Orwell-Staat ähnelt. Es ist ein Land, in den eine kapitalistische Wirtschaftsordnung mit einer totalen sozialen Absicherung, aber auch Gleichschaltung der Bevölkerung verbunden ist. In dieser formierten Gesellschaft herrschen an der Oberfläche Harmonie und sozialer Friede. Den Medien ist die Aufgabe zugewachsen, durch eine positive und konfliktmeidende Berichterstattung diese Entwicklung zu fördern und zu stabilisieren. Die Kriminaldelikte sind zurückgegangen, nur die Zahl der Selbstmorde und Drogensüchtigen ist gestiegen, aber darüber berichten die monopolisierte Presse und das private Fernsehen des allumfassenden Medienkonzerns längst nicht mehr. Fröhliche Unterhaltungssendungen wie Dauerlachwettbewerbe beherrschen den Bildschirm. Daneben wirkt eine mächtige Polizei als systemstabilisierender Ordnungsfaktor.
Wie ein Blitz erhellt ein Ereignis die gespenstische Szenerie dieses gesellschaftlichen Scheinfriedens: Im Hochhaus des Medienkonzerns ist eine schriftliche Bombendrohung eingegangen. Um 14 Uhr soll eine deponierte Bombe hochgehen. Polizeileutnant Jansen ordnet die sofortige Räumung aller dreißig Stockwerke an. Die angekündigte Bombenexplosion bleibt jedoch aus. Der durch den Arbeitsausfall entstandene materielle Schaden ist erheblich.
Von seinem Vorgesetzten, dem Polizeipräsidenten, bekommt Jansen den Auftrag, den Verfasser des Drohbriefes innerhalb einer Woche ausfindig zu machen, wenn nicht die Beschwerde der Konzernleitung über seine kostspielige Fehlentscheidung Folgen für seinen Job haben soll. Unter diesem Zeitdruck macht sich Jansen an die Arbeit. Es stellt sich schnell heraus, dass die Bombendrohung auf einem besonderen Papier geschrieben wurde, das die Konzernleitung zum Druck von Diplomen für besonders verdiente, ausscheidende Mitarbeiter benutzt. Neun solcher Diplome sind bisher verliehen worden.
Jansen befragt einen Diplominhaber nach dem anderen. Dabei enthüllt sich immer mehr der innere konflikthafte Zustand des Konzerns, der monopolartig den gesamten Medienmarkt beherrscht. Nach drei Tagen meldet sich ein junger Mann, ein naher Verwandter des Konzernchefs, der behauptet, der Verfasser der spaßhaft gemeinten Bombendrohung zu sein. Beim Verhör verwickelt sich jedoch der junge Mann in erhebliche Widersprüche; er kann der Gesuchte nicht sein. Entgegen dem Wunsch der Konzernleitung nimmt Polizeileutnant Jansen die Ermittlungen erneut auf. Nummer 7 auf seiner Liste ist ein älterer Journalist; er gehörte jahrelang einem Mitarbeiterstab an, der im obersten, dem geheimen 31. Stockwerk des Konzernhochhauses untergebracht ist und im Auftrag der Konzernleitung eine Zeitschrift herstellt, die im Gegensatz zu allen anderen Medienprodukten des Konzerns offen Kritik am Zustand der Gesellschaft üben darf. Im Redaktionsteam sind die letzten kritischen Geister des Landes versammelt. Sie dürfen in ihrer Zeitschrift ihre Meinung völlig frei und offen äußern und werden dafür auch noch bezahlt. Die Sache hat nur einen Haken: Die Zeitschrift ist nicht auf dem Markt zu haben und soll nach dem Willen der Konzernleitung auch nie öffentlich erscheinen. Es geht nur darum, die kritischen Journalisten in goldenen Fesseln an den Konzern zu binden und so das Informations- und Meinungsmonopol des Konzerns gegen jede mögliche Kritik abzusichern. Mit der Bombendrohung hat nun dieser Journalist die Öffentlichkeit auf die Machenschaften des Konzerns aufmerksam machen wollen. Doch die Leute vom 31. Stock sind nicht evakuiert worden, und so ist auch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Deshalb hat der verzweifelte Journalist eine zweite Bombendrohung per Post an die Konzernleitung abgesandt.
Jansen informiert den Polizeipräsidenten und den Konzernchef vom Erfolg seiner Ermittlungen und von der zweiten Bombendrohung. die Attentatsdrohung tritt wie angekündigt ein. Das Gebäude wird erneut geräumt. Zu spät erkennt Jansen, dass der Räumungsbefehl für das 31. Stockwek nicht gegeben wurde. Er weiß nun, dass im 31. Stockwerk eine Bombe explodieren wird - die "Endlösung" für einen kritischen Journalismus im Lande.
(Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF, Heft 45, Juni - August 1984, S.28.30, hrg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit)
¹) Robert Katz, in New York geboren, ist Autor von acht Büchern und ebenso vielen Drehbüchern. Zwei seiner Romane wurden nach seinem eigenen Drehbuch verfilmt: "Death in Rome" (Mord in Rom) und "The Cassandra Crossing". Seine letzten Drehbücher schrieb er für Liliana Cavanis "Die Haut" und für "The Salamander" von Peter Zinner. Sein letzter Roman "Days of Wrath", der den Fall Aldo Moro behandelt, wurde für den Pulitzer-Preis vorgeschlagen. "Kamikaze 1989" ist seine erste Arbeit für einen deutschen Film. (Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF, Heft 45, Juni - August 1984, S. 33, hrg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit)
²) Per Wahlöö, der schwedische Autor, 1975 gestorben, zählt zu den international renommierten Krimiautoren. Sein Zukunftskrimi "Mord im 31. Stock" - die Vorlage des Films Kamikaze 1989 von Wolf Gremm - entstand 1964 und richtet sich in seinen Intentionen gegen gesellschaftliche Entwicklungstendenzen, die in Richtung eines Orwell-Staates führen könnten. Vor allem aber ist der Roman von Per Wahlöö ein Plädoyer für die stets und überall gefährdete Freiheit des Wortes.
(Quelle: Broschüre Das Fernsehspiel im ZDF, Heft 45, Juni - August 1984, S. 30, hrg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung / Öffentlichkeitsarbeit)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 28. Oktober 2020
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