Leute gibt's 1982
Inhalt Das Einfamilienhaus der Wormalds liegt am Rande der Stadt, und auch die 24jährige Tochter Marigold wohnt inzwischen wieder bei ihren Eltern, seit sie sich von ihrem Mann getrennt hat, als dieser sie exzessiv als Sexualobjekt benutzen wollte. Eines Morgens sind nebenan Ken und Selma zugezogen - Ken ist ein hemdsärmelig-vulgärer Typ, der gern über seine eigenen aufgeklaubten Scherze und Kalauer lacht und allem Anschein nach keinerlei Gefühl für Distanz besitzt. Als er nun eben mal bei den Wormalds telefonieren will, führt dies schnell dazu, dass er sich bei ihnen festsetzt. Obwohl Wormalds sich zunächst gegen diese Anbiederung sträuben, geraten sie zunehmend in den Sog der "lustigen" Smedleys. Kens Attitüde besteht aus einer schwer zu trennenden Mischung von naiver Unverfrorenheit, plumpvertraulicher Aufrichtigkeit und überrumpelnder Spontanität. Dem können sich die Wormalds nur schwer entziehen, was natürlich auch mit ihren eigenen kleinbürgerlichen Hemmungen und Verklemmungen zu tun hat. Allein ihre Tochter Marigold versucht immer wieder vergeblich, sich dagegen zu wehren, in irgendeiner Weise von anderen vereinnahmt zu werden. Sie weigert sich, an der Party der Smedleys teilzunehmen, bei der es nach kräftigem Alkoholzuspruch zu einer großen Verbrüderung kommt, wonach man beschließt, gemeinsam in Spanien Urlaub zu machen.
Als die Wormalds am nächsten Tag in Katerstimmung ihre Entscheidung bereuen und trotz großer Hemmungen versuchen, die Vereinbarung der letzten Nacht rückgängig zu machen, werden sie von der verletzten und traurigen Miene Kens zu Mitleid hingerissen und erneut Opfer seines besitzergreifenden Wesens. Schließlich macht sich Ken auch noch an Marigold heran, als er es geschickt versteht, ihre psychischen Schwachstellen für ein erotisches Abenteuer auszunutzen. Vater James verharrt in verlogener Diskretion, da er sich für seine Tochter eine auflockernde Wirkung verspricht. Marigolds Versuch, sich mit einer ungefährlichen Dosis Schlaftabletten das Leben zu nehmen, ist letztlich ein unbeholfener Protest gegen die Rolle des Opferlammes, zu der sie von ihren Eltern erzogen wurde. Ebenso wie ihre Eltern hat sich es trotz bester Vorsätze nicht geschafft, sich der psychischen Okkupation Ken Smedleys zu widersetzen. Im Suff ahnt James Wormald gewisse Zusammenhänge zwischen seiner bürgerlichen Gefangenschaft im Käfig der guten Sitten und der Art und Weise, wie er von Ken behandelt wird, und beginnt, sich plötzlich aggressiv seiner Haut zu wehren. - Aber wie das Stück am Ende zeigt, steht das nächst Opfer bereits ins Haus, als Ken nämlich die Bekanntschaft eines weiteren Nachbarn macht.
Dieses Bühnenstück der in England prominenten Autoren Keith Waterhouse und Willis Hall erscheint vom Stil und der äußeren Form her durchaus im Gewand gängiger Comedy-Tradition. Und gerade deshalb werden die feinen psychischen Widerhaken der Handlung, die mitunter das Lachen wieder erstarren lassen, erst relativ spät spürbar. Familienbegebenheiten, wie sie hier Gegenstand des Spiels sind, erscheinen auch in der Realität nicht anders als komisch, doch erst, wenn sie in der überhöhten Geschichte einer derart modernen Komödie vor Augen geführt werden, machen sich die grotesken Widersprüche und Verrenkungen bemerkbar, die sich mitunter hinter einem sogenannten alltäglichen Familienleben verschanzen.
(Quelle: Broschüre "Das Fernsehspiel im ZDF", Heft 36, März bis Mai 1982, heraus. vom ZDF, Information und Presse/Öffentlichkeitsarbeit)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 6. November 2022
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