Ein
Stuttgarter greift nach den Sternen
Der Regisseur Theo
Mezger feiert am Sonntag seinen 80. Geburtstag
Der Zeitplan ist perfekt. Als habe Theo Mezger Regie geführt. Jüngst landete
die
Raumpatrouille
Orion wieder im Kino, beinahe so, als wollten Commander Cliff
Allister McLane und Leutnant Tamara Jagellovsk einem ihrer Schöpfer
gratulieren. Denn am Sonntag feiert der Stuttgarter Regisseur Theo Mezger seinen
80. Geburtstag.
Es ist eines der Bilder, die die Nation nie vergessen wird. ". . .
begleiten wir die Orion und ihre Besatzung auf ihrem Patrouillendienst am Rande
der Unendlichkeit", so eine Stimme aus dem Dunkeln. Der Ozean brodelt, das
Wasser formt sich zu einem Strudel und die Orion rast ins All. Und halb
Deutschland mit ihr. Eine Reise zu den Sternen in sieben Episoden, ausgedacht
von Rolf Honold und W.G. Larsen - so stand"s im Vorspann. Doch W.G. Larsen
ist wie die Orion reine Fiktion, hinter dem Namen verbargen sich die Produzenten
Hans Gottschalk, Helmut Krapp und
Oliver Storz sowie die Regisseure
Michael
Braun und Theo Mezger.
Die Zukunft ist schon wieder Geschichte, fast 40 Jahre später sitzt Theo Mezger
im
Garten seines Hauses in Vaihingen. "Treffen wir uns morgens, da ist es
nicht so heiß", hatte er gesagt, doch er sieht nicht so aus, als ob ihm
die Hitze viel anhaben könne. Braun gebrannt ist er, wirkt so, als sei er nur
kurz vom Regiestuhl aufgestanden, um unter seinem Nussbaum geschwind zu
plaudern, bevor er wieder zu den Kameras zurückkehrt.
"Dieser Lebensabschnitt ist vorbei", sagt er, "mir geht's gut
so." Er ist im Ruhestand, seinen Filmen ist das nicht vergönnt, sie finden
immer noch ihr Publikum. Wie viele es sind, kann er nur schätzen: "Über
200." Darunter
Flug
in Gefahr, die
Tatorte
Rot, rot, tot mit
Curd
Jürgens,
Stuttgarter
Blüten den Inspektor
Wanninger; Theo Mezger
ist einer der Väter des deutschen Fernsehens und ständiger Gast in den
Wohnstuben.
Ins Kino habe es ihn nie sonderlich gedrängt, doch man sieht ihm an, das es ihn
freut, das die Orion nun auf der Leinwand patrouilliert. "Ist doch schön,
dass das nach 40 Jahren noch Interesse findet." Sieben Folgen eingedampft
auf 90 Minuten, schmerzt es nicht, dass so vieles keine Verwendung fand?
"Im Gegenteil. Die Raumpatrouille ist mit Augenzwinkern gemacht", sagt
er, "das wird in dem Zusammenschnitt sehr schön deutlich." Ein
Stuttgarter greift nach den Sternen, da braucht es Ironie. "Natürlich war
das alles nicht ernst gemeint, denken Sie nur an dieses ganze Generalsgetue, das
wollten wir auf die Schippe nehmen."
Nein, vom Militär hatten Mezger und seine Mitstreiter wahrlich genug. Er musste
in Russland kämpfen, geriet in Gefangenschaft und durfte erst 1949 zurück.
"Wir sind mit wunder Seele heimgekehrt aus diesem Krieg." Balsam
lieferte das Theater. "Als ich zurückkam, bin ich nicht nach Hause,
sondern lief zuerst zum Staatstheater." Er studierte an der
Musikhochschule, spielte am Staatstheater und bekam beim ersten Fernsehspiel
eine kleine Rolle. Vier Jahre später, 1958, wechselte er hinter die Kamera und
lehrte das Fernsehen laufen.
Die Fernsehspiel-Redaktion des SDR setzte Maßstäbe für den kritischen
Journalismus. "Wir hatten diesen Wahnsinn überlebt und machten uns daran,
ihn von der Wurzel her aufzuarbeiten." Nicht jedem Zeitgenossen gefiel das,
manche wollten Vergangenes lieber ruhen lassen. Doch wer Mezgers Augen blitzen
sieht, wenn er von damals erzählt, der ahnt, dass er sich kaum von etwas
abbringen lässt. Bescheiden, aber bei der Arbeit besessen, bisweilen
unerbittlich, so beschreiben ihn Weggefährten. Als "Perfektionist"
gilt er, und wenn man ihn beobachtet, wie er immer wieder die Decke glatt
streicht und die Blätter vom Tisch streift, mag man das gerne glauben. Auch
sein alter Freund, der Kameramann Justus Pankau, kann wunderbar erzählen von
den Sträußen, die sie miteinander ausgefochten haben. Streit um der Sache
willen. "Wir wollten Qualität", da gibt es kein Vertun.
Und die lieferten sie. Es war kein Wunder, dass viele, die das Fernsehen prägten,
in Stuttgart arbeiteten. "Wir hatten das liberalste Rundfunkstatut aller
Anstalten", erinnert sich Mezger, "da saß kein Politiker im
Rundfunkrat." Und Intendant Hans Bausch habe sich mit flammendem Schwert
vor seine Leute gestellt. Ob's das Schwert noch gibt? Nun, Aufreger sind
SWR-Produktionen eher selten, "hausgemachte Mutlosigkeit", bescheinigt
Mezger seinem alten Arbeitgeber. Und wenn man das Ganze begründet mit der
Ausrede der Branche, dem Wunsch der Zuschauer nach Seichtem, muss er energisch
widersprechen. "Das ist Unsinn! Die Unqualität kommt von den
Machern!" Er hat seine Zuschauer immer ernst genommen, wohl der Grund dafür,
dass sie seine Filme immer noch lieben. Qualität wird eben niemals alt.
(Quelle:
Frank Rothfuss, Stuttgarter Nachrichten vom 09.08.2003)
Layout:
Rosemarie Kuheim
Bearbeitet: 10. Februar 2024
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