Die Mutprobe 

1982

 

Filmliste Michael Verhoeven

  

   

   

 

Regie

Michael Verhoeven

Drehbuch

Michael Verhoeven

Vorlage

-

Produktion

Sentana Filmproduktion Michael Verhoeven GmbH, München

Kamera

Gero Erhardt

Musik

-

FSK

-

Länge

102 Minuten

Sonstiges

-

Auszeichnung

-

Ur-/Erstaufführung

31.10.1982

Genre

Fernsehfilm

      

    

  

Darsteller

Rolle

Peter Welz

Andi
Adolf Breinbauer Vater
Elisabeth Welt Mutter
Günther M. Halmer Pfarrer Schäfer
Gabi Marr Inge
Ruth Fischer Gerdi
Melanie Horeschovsky Frau Leopold

      

      

       

Inhalt

Der 18jährige Andi verweigert den Militärdienst. Im ersten Verfahren ist er als Wehrdienstverweigerer nicht anerkannt worden. Andi arbeitet als Auszubildendeer in der elterlichen Metzgerei. Seine Freunde verstehen nicht, dass er sich "drücken" will. Das passe gar nicht zu ihm.

Er war immer bei allen beliebt. Und jetzt das. Die Eltern fürchten, ins Gerede zu kommen ("Wir merken das geschäftlich"). Andis Freundin Inge will ihn umstimmen. "Du hörst ja die Leute nicht, aber ich!"

Die bevorstehende Berufungsverhandlung wird für Andi zur ernsten Belastungsprobe. Er wird krank. Ein jungen Pfarrer aus dem Nachbardorf, der in der Friedensbewegung aktiv ist, hilft ihm bei der Vorbereitung auf die Prüfung, nimmt ihm die Angst. Andi besteht. Er wird anerkannt. Aber seine Beziehungen im Ort haben sich verändert. Er selbst hat sich verändert.

Der Zivildienst beginnt. Andi arbeitet in einem Krankenhaus. Da es auf der Station an Personal mangelt, wird er sofort als Krankenpfleger eingesetzt. Er gerät in kritische Situationen, weil er nicht die geringste fachliche Ausbildung hat. Einem Patienten, der plötzlich vor ihm zusammenbricht, kann Andi keine Hilfe leisten. Der Patient stirbt. Andi wird von zwei Abiturienten, die ebenfalls ihren Ersatzdienst in dem Krankenhaus ableisten, aufmerksam gemacht, dass man ihn eigentlich zuerst auf einen Lehrgang für Erste Hilfe und Grundkenntnisse hätte schicken müssen. Die Personalchefin beruhigt ihn: Im Moment sei kein Ausbildungsplatz frei.

Als Andi sich über eigenartige Behandlungsmethoden der Stationsschwester beschwert (ausländische Patienten werden in einem separaten Zimmer zusammengelegt, verordnete Medikamente zurückgehalten), wird er ins Altenheim versetzt. "Strafversetzt", sagen Andis Kollegen. Endlich wehrt sich Andi. Nicht gegen die Versetzung - die akzeptiert er -, aber er besteht jetzt auf einem Lehrgang. Die Kollegen unterstützen seine Forderung. Plötzlich geht alles wie von selbst. Er bekommt einen Ausbildungsplatz in der Zivildienstschule Staffelstein. "Da musste erst so viel passieren", sagt Andi zur Oberschwester.

 

Andi nimmt die Arbeit im Altenheim auf. In kurzer Zeit gelingt es ihm, zu den alten, zum Teil hilflosen Menschen eine Beziehung aufzubauen, die über die Arbeit hinausgeht. Er empfindet ihre Zuneigung und ihr Vertrauen als Bestätigung seines eigenen Handelns. "Bleiben Sie jetzt länger da?" fragt ihn dankbar ein alter Mann. Andi nickt.

 

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Michael Verhoeven zu seinem Film

 

Das eine Thema

Den Krankenhausdienst kenne ich aus meiner Ausbildungszeit als Arzt. Mein Film ist nicht autobiogaphisch. Eigene Erfahrungen habe ich aber nicht unterdrückt. Das Dilemma der Krankenhauspflege, das nach Aussagen von Fachleuten in manchen Kliniken den Grad der "gefährlichen Pflege" erreicht, hat einen simplen Grund: akuter Mangel als qualifizierten Arbeitskräften. Oberin Irmgard Simon vom Berufsverband für Krankenpflege hat 1981 in einem alarmierenden Hilferuf festgestellt, dass in der Bundesrepublik mindestens 30000 Pflegekräfte fehlen. Über die Situation in der Altenpflege gebe es überhaupt keine Zahlen. In den bayerischen Krankenhäusern sei, bezogen auf die 40-Stunden-Woche, etwa jede 10. Planstelle unbesetzt.

Die Folge: Schwesternschülerinnen werden auf den Stellenplan angerechnet. "Die Gefährdung der Patienten und die Überforderung der Schüler ist unhaltbar." Vor diesem Hintergrund ist es um so fragwürdiger, dass Wehrdienstverweigerer, die ihren Ersatzdienst in den Krankenpflege leisten wollen, in einem unwürdigen Anerkennungsverfahren abgewiesen werden.

 

Das andere Thema

Der Bundestag befasste sich in diesen Tagen erneut mit dem Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung und der Problematik der Gewissensprüfung. Als ich den Film MUTPROBE schrieb, war nicht abzusehen, dass durch die weltpolitische und militärische Entwicklung meine Fragestellungen diesen Grad an Aktualität haben würden.

Eigentlich wollte ich nur den Weg eines einzelnen darstellen, der sich als Wehrdienstverweigerer mutig und beständig den Schmähungen und Missverständnissen seiner Umwelt aussetzt. Ich habe dabei den festgefügten Lebenszusammenhang eines kleinstädtischen Hintergrundes gewählt, weil sich dort die Verhaltenskontrolle durch die "anderen" viel direkter auswirkt.

Theodor Haecker, der Mentor der Geschwister Scholl, hat einmal gesagt: "Es gehört mehr Mut dazu, eine abweichende Meinung offen auszusprechen, als aufrecht durchs Maschinengewehrfeuer zu stürmen." Diesen Mut und die Probe aufs Exempel wollte ich anhand der erfundenen Geschichte von Andi Vogt, dem Metzgersohn als Sandhofen, darstellen.

Bei den Recherchen zu meinem Drehbuch habe ich einen Fall noch nicht gekannt. Es handelt sich um den Fall des Kriegsdienstverweigerers Manuel Aicher. Er hat mit dem Film nichts, mit dem Thema sehr viel zu tun. Ich skizziere ihn stellvertretend für alle anderen Fälle.

 

(Quelle: Broschüre "Das Fernsehspiel im ZDF", Heft 38, Sept.-Nov. 1982, herausg. Zweites Deutsches Fernsehen, Information und Pressearbeit)

 

  

  

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 27. Juni 2024

  

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