Der Abschußtag 

1979

 

Filmliste Wolfgang Liebeneiner

 

  

 

Regie

Wolfgang Liebeneiner

Drehbuch

Hans Georg Thiemt und Hans Dieter Schreeb, unter Mitwirkung von Peter Vincent

Produktion

novafilm, Otto Meißner, Berlin, im Auftrag des ZDF und SRG

Kamera

Franz Rath

Musik

-

FSK

-

Länge

-

Sonstiges

-

Ur-/Erstaufführung

-

Genre

Fernsehspiel

    

    

    

Darsteller

Rolle

Frederick Jaeger

Harry Day

Erica Schramm

Änne Faber (die Ältere)

Witta Pohl

Änne Faber (die Jüngere)

Johanna Liebeneiner

Barbara (die Ältere)

Cordula Riedel

Barbara (das Kind)

Hans-Werner Bussinger

Paul

Jürgen Thormann

Dr. Faber

Inge Wolffberg

Ingolf Gorges

Helmut Hildebrand

Arnold Marquis

Jean Pierre Zola

   

   

     

Bemerkung des Redakteurs:

 

"Die Geschichte des Abschusstages", schrieben uns die Autoren, "stellt sich wie eine Komödie dar - und vielleicht ist sie es auch. Doch der Abschusstag selbst ist keine Fiktion - er ist gelebt und mehr als einmal gefeiert worden." - Natürlich nicht "genauso", wie er jetzt als Spiel erscheint. H. G. Thiemt und H. D. Schreeb haben ihre Versionen von tatsächlichen Ereignissen geschrieben, ein heiter-besinnliches Alltagsstück: von der späten Wiederkehr eines englischen Offiziers - 30 Jahre nach seinem Abschuss, von Wiedersehens- und Jubiläumsfeiern, die allmählich zu einer merkwürdigen Institution wurden. Und um die Angelegenheit nicht in einer rein deutschen Sicht zu belassen, wurde ein englischer Autor hinzugezogen und die Hauptrolle mit einem englischen Schauspieler besetzt.

Claus H. Voss / Redaktion ZDF
  

 

Inhalt:  

An einem Herbstmorgen des Jahres 1939 startete Harry Melville Arbuthnot Day, 41 Jahre alt, Wing Commander der Royal Air Force, von einem Feldflugplatz bei Metz zum Aufklärungsflug über Deutschland. Harry Day hatte den Auftrag, Industrie-Anlagen an der Ruhr zu fotografieren.

Durch Navigationsfehler geriet er vom vorgesehenen Kurs ab. In der Nähe von Idar-Oberstein wurde seine Maschine abgeschossen.

Day konnte sich mit dem Fallschirm retten. Bauern nahmen ihn gefangen und brachten ihn, weil er Brandwunden hatte, zu einem Landarzt und Sanitätsrat in den nächsten Ort. Der Arzt versorgte die Wunden. Seine Frau und er behandelten den englischen Offizier als Gast. Man stellte Day das Badezimmer zur Verfügung und lud ihn zum Abendessen ein. Am späten Abend wurde der Engländer dann in ein Gefangenenlager überführt. (Während des Krieges kam Day zu einem gewissen Ruhm, weil er verschiedene Gefangenenausbrüche organisierte und selbst ausbrach. Der berühmteste war der Massenausbruch von Sagan. Aber immer wieder wurde Day nach kurzer Zeit festgenommen. Gegen Ende des Krieges brachte man ihn ins Konzentrationslager Sachsenhausen.)

  

1969, dreißig Jahre nach seinem Abschuss, besuchte Day überraschend die Familie des Landarztes, der inzwischen gestorben war. Day war nun ein alter Mann, Zivilist, lebte von seiner Pension. Jahr um Jahr kam er danach wieder und machte aus seinem "Abschußtag" deutsch-englische Freundschafts- und Versöhnungsfeste. Die Fest wurden immer größer. Sie nahmen ein solches Ausmaß an, dass der eigentliche Anlass völlig in Vergessenheit geriet. Day spannte für seine Feiern die deutsche und englische Diplomatie ein, Bürgermeister, Landräte, die Geistlichkeit, die Bundeswehr. Als Hauptquartier seiner Aktivitäten benutzte er das Haus der Arztfamilie. Für die jüngeren Familienmitglieder wurde die Wiederkehr des Abschusstages schließlich zum Alptraum. Die übrigen Deutschen feierten willig mit. Sicher auch, weil Day immer wieder Begriffe ins Spiel brachte, die im Zusammenhang mit dem letzten Krieg wenig zu hören waren: Ritterlichkeit, Samariterdienst, Fairness, sogar Freundschaft dem Feinde gegenüber.

  

Day, der aus einer alten Soldatenfamilie stammte, wurde früh Kadett - und damit Berufsoffizier. Er war, wie er selbst sagte, auf Tod oder Glorie eingeschworen. Da er bis 1939 keine Gelegenheit hatte, sich besonders auszuzeichnen, sah er in dem gerade ausgebrochenen Krieg eine Möglichkeit, sich zu beweisen. Doch bereits der erste Feinflug beendete seine Träume. Seite Taten in Gefangenschaft gerieten ebenfalls schnell in Vergessenheit. Harry Day fühlte sich vom Schicksal betrogen. - Er starb Ende 1977, nachdem er seine letzten Jahre einsam in einem kleinen Haus an der englischen Westküste verbracht hatte.

Hans Georg Thiemt / Hans Dieter Schreeb

  

 

  

Wolfgang Liebeneiner zu seinem Film:

Der olle General Eisenhower, er musste "der olle" werden - so wie früher der olle Hindenburg, noch früher der olle Wrangel und ganz früher der olle Fritz -, um den Satz formulieren zu können: "Im Krieg schießen Menschen aufeinander, die sich überhaupt nicht kennen; und sie tun das auf Befehl von Menschen, die sich sehr gut kennen, aber nicht aufeinander schießen." Eisenhower musste es ja wissen, und jeder Soldat, der überlebt hat, weiß es auch: Wenn man dem Feind in die Augen sieht, dann wird er zum Menschen; wie kann man ihn töten, man kennt ihn ja gar nicht? Und wenn man ihn kennenlernt, so steckt vielleicht ein Freund in ihm? Der Regisseur Thiele hat mir erzählt, wie die als Soldaten verkleideten tschechischen Studenten, die in seine Wohnung gekommen waren, um ihn zu ermorden, beim Anblick seiner Bücher stutzten, wie dann ein Gespräch zustande kam und wie infolgedessen der Mord gar nicht mehr möglich war. Schließlich waren sie ja keine Terroristen, sondern Patrioten. Und wie sie alle von einem gewissen Moment an ihre Situation eigentlich sehr komisch fanden. Es gibt noch andere, ähnliche Situationen, zum Beispiel die, von der unsere Komödie handelt, in der ein Mann, der da hilflos ist, sofort alle ihm Begegnenden zu Samaritern macht und dadurch aus einer Ausnahmesituation schlicht in ihren Alltag einbezogen wird. Viel später erst wird allen klar, war für feine Kerle sie doch wohl waren und dass, was anfangs ganz selbstverständlich zu sein schien, eigentlich wert ist, gefeiert zu werden; aber inzwischen ist ja eine neue Generation herangewachsen, die das alles zu ihrem Glück gar nicht mehr verstehen kann, weil sie nüchtern denkt und weil sie ganz andere Sorgen hat und Leute, die aufeinander schießen, obwohl sie sich gar nicht kennen, einfach blöd findet und nicht begreift, wieso man es feiern soll, dass Fremde nicht aufeinander schießen, weil das doch zum Glück wohl immer noch selbstverständlich ist. Aber man will ja keinem seinen Spaß verderben. Und leider ist das Selbstverständliche immer noch nicht selbstverständlich genug. Und solange wir noch darüber lächeln können und uns nicht von Ideologien beirren lassen, sind wir glücklich - auch wenn wir es noch nicht wissen.

Wolfgang Liebeneiner

 

 

(Quelle: alle Texte auf dieser Seite aus der Broschüre "Das Fernsehspiel im ZDF", Heft 23, Dezember 1978 - Februar 1979, herausg. vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Informations- und Presseabteilung/Öffentlichkeitsarbeit)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

   

   

   

   

   

   

    

   

   

  

Layout: Rosemarie Kuheim

Bearbeitet: 29. November 2020

  

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