Drei Wege zum See
1976
Inhalt Elisabeth Matrei, international erfolgreiche Fotografin, zu Hause immer dort, wo der Puls der Zeit am sichtbarsten schlägt, besucht nach einer Zeit gewohnt hektischer Aktivität wieder die Stätte ihrer Kindheit: Klagenfurt, das vertraute Haus, den darin als einzigen übriggebliebenen Vater. Ein willkommenes Alibi, sich der zermürbenden Motorik ihrer Lebensweise zu entziehen, wie sie meint. Ein Alibi, das nicht funktioniert, auch hier sofort neue Zielsetzungen: die Erholung als Arbeit, das Spazierengehen mit festgesetztem, unbedingt zu erreichendem Ziel als Flucht vor der Stille. Die Wanderkarte, die sie benötigt, um die versunkenen Stätten ihrer Kindheit wiederzufinden, täuscht sie, keiner der eingezeichneten Wege führt mehr als Ziel.
Eine fatale Parallelität zeigt sich zwischen den vergeblichen Versuchen, den See zu erreichen und den unzähligen verhinderten Versuchen, ein selbstbestimmtes Leben zu leben, ein authentisches Gefühl zu fühlen, einem Augenblick der Glücksverheißung Dauer zu verleihen.
Der kurze, verregnete Sommer der Erinnerung endet nach einem letzten, wie Hohn anmutenden Aufflackern von Hoffnung durch die traurig-süße Abschiedsbegegnung einer wieder einmal versäumten Liebe in akzeptierter Resignation. Elisabeth Matrei kehrt in ihren gewohnten Lebenskreis nach Paris zurück. Fast rauschhaft erinnert sie sich an die Augenblicke von Glück: "Es kann mir doch gar nichts mehr geschehen. Es kann mir etwas geschehen, aber es muss mir nichts geschehen."
(Quelle: Broschüre "ARD-Fernsehspiel", Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, April - Juni 1977)
Layout: Rosemarie Kuheim Bearbeitet: 9. November 2020
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