Zuhaus in fremden Betten

1981

Filmliste Michael Günther

Inhalt

Familie Kuntner lebt in Innsbruck. Aber, es es öfter so geht, den verhinderten Seebären Sepp Kuntner zieht es ans Meer. Umgekehrt möchte die auf Sylt ansässige Lehrerfamilie Fuglsang gern in die Berge. Beide haben aus verschiedenen Gründen einen bescheidenen Urlaubsetat. Deshalb kommen Kuntners auf die gar nicht so seltene Idee, per Annonce einen Wohnungstausch für die Urlaubszeit mit norddeutschen Meeresanwohnern zu suchen. Und so fahren, nachdem alles brieflich geregelt ist, die Familien, ohne sich kennengelernt zu haben, sozusagen aneinander vorbei in die Urlaubsdomizile.

Mit Fuglsangs fährt ihr neunzehnjähriger Sohn Jens, der von seiner Freundin Marion schwer enttäuscht wurde und sich an ihr rächen will. Mit Kuntners reist - ebenfalls per Bahn - Tochter Klaramaria. Das wechselseitige Eingewöhnen geht nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. So ist Sepp Kuntner entsetzt, als er die Ehebetten in verschiedenen Zimmern findet. Er kann ja nicht wissen, dass Anita Fuglsang das Schnarchen ihres Mannes nicht erträgt. Fuglsangs hingegen haben kaum aufatmend ihre Wohnung bezogen, als der Hausbesitzer Schierlingseder sich polternd einstellt, sie zunächst wegen der ausgebliebenen Kuntner-Miete hinauswerfen will, dann aber wesentlich zugänglicher wird. Die Akklimatisierung macht Fortschritte. Das können auch auf Sylt die hohe Kurtaxe und in Tirol gewisse Sprachschwierigkeiten nicht verhindern.

Sepp Kuntner bramarbasiert als Seebär und als Bergsteiger zugleich. Ihm kann man aber nichts übelnehmen, zumal er bei einer Wette sehen muss, dass man in beiden Disziplinen auf Sylt herein- oder auf die Nase fallen kann. In Tirol entwickeln sich, nachdem Frau Fuglsang weiß, dass Mann und Sohn sie nicht nur als Koch-Frau missbrauchen wollen, die Dinge zunehmend harmonischer.

Die Hauptgeschichte aber ist eine recht ungewöhnliche Liebesgeschichte und spiel zwischen Klaramaria und Jens. Sie beginnt damit, dass Jens Klärchens liegengelassenes Tagebuch findet und trotz der Aufschrift "Streng geheim" es nicht unterlassen kann, darin zu lesen. Er schreibt ihr einen reumütigen Brief nach Westerland. Sie ist ihm eine milde Richterin und bietet ihm ihre Freundschaft an. Eine Fotografie zeigt Jens, wie sie aussieht. Eine aus Spaß besprochene Kassette gibt ihm ihre Stimme preis. Ihr Herz spricht aus dem "streng geheimen" Tagebuch. Grund genug, dass ihm dieses Mädchen trotz oder gerade wegen der großen Entfernung nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Bilder und Kassetten wechseln hin und her, bis durch eine dumme Verwechslung zweiter Kassetten die kaum angesponnene Nordsüdbeziehung in ernst Gefahr gerät...

Noch einige junge Leute sind freiwillig oder unfreiwillig in diese Liebesgeschichte verwickelt: Klaras naive und unbekümmerte Freundin Paula, die nach vierzehntägiger Abwesenheit wieder man wie gewohnt durch das Kammerfenster zu ihrer Freundin einsteigen will und dort einen jungen Mann vorfindet. Daraus entsteht eine gute Freundschaft, denn der "Piefke" ist Paula nicht unsympathisch. Jens erfährt durch sie noch mehr von Klaramaria und merkt zu spät, dass Paula sich in ihn verliebt hat. Als sie erfährt, wer ihre entfernte "Rivalin" ist, geht ihr Temperament mit ihr durch. Aber als es hart auf hart kommt, erweist sie sich doch als wahre Freundin. 

Dann ist da, um die Palette der jungen Leute zu komplettieren, auf Sylt Jens' bester Freund Knut, den er bei sich zu Hause mal nach dem Rechten zu sehen bat und der dann zusätzlich die Aufgabe zugewiesen bekommt, auf Klärchen ein bisschen aufzupassen (und das einem jungen Mann, der den Spitznamen 'Casanova' trägt). Schließlich bleibt Marion, die von Jens Verlassene. Obwohl sie dazu neigt, die Dinge leicht zu nehmen, verlässt sie lieber selber, als dass sie verlassen wird. Durch Knut erfährt sie von dem seltsamen Briefwechsel Klärchens mit Jens. Sie wittert in ihr die Gegnerin und kann um so leichter ihr Garn spinnen, als Klärchen von ihrem Wissen und ihrer früheren Affäre mit Jens nichts ahnt. Sie ist, ohne dass man das im verdammenden Sinn sagen sollte, ein Biest. - Immerhin verdanken ihr Fuglsangs eigentlich den schönen Urlaub in Tirol. Denn hätte Jens nicht eine solche Wut auf sie gehabt, dann hätte er bestimmt, wie so viele Altersgenossen, etwas Eigenes unternommen und hätte nicht die Eltern auf die Annonce gestoßen und brav "in Familienurlaub gemacht".

Aber auch den gibt es gelegentlich noch, und wenn manche sagen, er stirbt aus, so darf man, in einer unernsten Urlaubsgeschichte, ja auch einmal etwas für das Aussterbende tun, nachdem bei anderen Lebewesen für das Aussterben in allen Medien so viel getan wird.

(Quelle: Broschüre "Das Fernsehspiel im ZDF", Heft 33, Juni - August 1981)