Hellmuth Costard
Regisseur - Drehbuchautor - Darsteller
Geboren am 1. November 1940 in Holzhausen bei Leipzig. Stirbt am 12. Juni 2000 an einer Krebserkrankung in Oberhausen.
Studium der Psychologie in Hamburg.
Sein erster Film, bei dem er selbst Regie führte, war 1964 "ASTA-Spot" welcher ein Auftrag des ASTA war, für die Werbung der Studentenwahlen. 1967 Mitbegründer der 'Hamburger Filmcooperative'.
1968 Konflikt bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen. Sein 11minütiger Kurzfilm Besonders wertvoll war ein Doppelangriff auf die Filmbewertungsstelle und sexuelle Tabugrenze, weil sich ein sprechender Penis über das gerade verabschiedete Filmförderungsgesetzt spöttisch ausgelassen hat, was die Kurzfilmtage in Oberhausen fast gekippt hätte. Die Festivalleitung weigerte sich, den Film zu zeigen, obwohl der Auswahlausschuss den Film angenommen hatte. Die deutschen Regisseure zogen daraufhin ihre Beiträge zurück, um sie dann an der Uni in Bochum vorzuführen.
Costards experimentelle Filme interessieren sich für die Technik der Bilder im Unterschied zu den Worten und stellen sich poetisch-kritisch gegen etablierte Sehweisen und Spielregeln (insbesondere filmpolitische); sie sind wesentlich dadurch bestimmt, dass sie übliche Anpassung verweigern. (J. L. Godard, 1979)
Der Experimentalfilm Die Unterdrückung der Frau ist vor allem an dem Verhalten der Frau selber zu erkennen zeigt einen in Monotonie erstickten Tag im Leben einer (von einem Mann dargestellten) Hausfrau. Im Film Fußball wie noch nie (1971) wurde zwar kein komplettes Spiel gezeigt, aber die Kamera war 90 Minuten lang nur auf den legendären Spieler George Best gerichtet, um jeden seiner Schritte zu beobachten. Oft erwies sich Costard als Bastler und Tüftler, das reichte von der Verwendung einer Spielzeugeisenbahn bis zu Computern, die er früh für den Film entdeckte, etwa in Witzleben (1981) oder Echtzeit (1983), die er zusammen mit Jürgen Ebert drehte.
Auszeichnungen 1968 Preis des Experimentalfilmfestivals Knokke für Warum hast du mich wachgeküßt 1972 Preis beim Filmfestival Mannheim für den Fernsehfilm Teilweise von mir 1974 Preis beim Filmfestival Toulon: Spezialpreis der Jury Teilweise von mir 1978 Preis der Deutschen Filmkritik und Fernsehpreis der Akademie der Darstellenden Künste für Der kleine Godard... 1979 Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Der kleine Godard...
(Quelle: Einige Informationen aus Wikipedia und Egon Netenjakob: "TV-FILMLEXIKON - Regisseure - Autoren - Dramaturgen", Fischer TB-Verlag, 1994, Frankfurt/Main, 518 Seiten)
Zu seinem Tode
Der
Name des deutschen Filmautors Hellmuth Costard ist mit einer Technik verbunden,
die heute schon fast skurril erscheint, aber in den sechziger Jahren die
Hoffnungen auf ein anderes deutsches Kino weckte.
Edgar Reitz nannte ihn, nach
dem von ihm bevorzugten Amateur-Standard, Mr. Super-8, und das war damals ein Prädikat
für das unabhängige Kino. Costards bekanntester Film, der elfminütige
Besonders
wertvoll (1968), nahm die deutsche Filmförderung kritisch-komisch ins
Visier und lieferte den Anstoß zur Reform des Oberhausener Filmfestivals. Mit Jürgen
Ebert drehte Costard Anfang der achtziger Jahre den Spielfilm
Echtzeit,
eine frühe düstere Erzählung über die Symbiose von Computergraphik und Militärtechnik.
Costards
Lebenswerk dokumentiert vor allem auch den rasanten Wandel der Filmtechnik, die
er witzig auf ihr utopisches Potential hin befragte. Den Spitznamen «kleiner
Godard» trug er spätestens seit seinem Film
Der kleine Godard an das
Kuratorium junger deutscher Film von 1978. Diese Costard-Eigenproduktion
zeigt die Schwierigkeiten des französischen Meisters, während eines
Gastaufenthalts in Hamburg künstlerisch zu arbeiten. Zugleich dokumentieren die
Szenen die Schwierigkeiten der ansässigen Filmschaffenden. Und ähnlich wie
Godard hat Costard schon früh die Möglichkeiten des «audiovisuellen
Bleistiftes» erkundet. Was heute dank den handlichen Digitalkameras möglich
ist, war in den sechziger Jahren nur durch gewiefte Tüftelei und oft mit wenig
befriedigender Bild- und Klangqualität erreichbar: nämlich unbemerkt Szenen
aus dem Alltag aufzunehmen. Hinderlich war vor allem die Kürze der
Super-8-Kassette: «Wir müssen uns eben daran gewöhnen, dass wir gezwungen
sind, mit einem Bleistift zu malen, der alle zweieinhalb Minuten abbricht.»
Edgar
Reitz schilderte Costard in der Zeitschrift «Filmkritik» als
sympathischen Tüftler, der in einem Schulranzen ein Tonbandgerät trägt und in
der Hand eine Kamera hält, von der man «nicht richtig glaubt, dass man damit
wirklich filmen kann. Vermutlich wird er so bei seinen Partnern oft die
Heiterkeit auslösen, die er für seine Filme braucht.» Heiter und zugleich
tragisch ist die letzte Produktion Costards, Vladimir - eine Filmgroteske.
Der Film zeigt Costard selbst in den beiden Hauptrollen: einmal als Wladimir,
einen russischen Agenten, der verhindern möchte, dass eine neue Solartechnik in
die falschen Hände gerät, und dann als Hellmuth, Zufallsforscher und
Entwickler dieser Solartechnik. Der Film dokumentiert die Idee, mit der sich
Costard im letzten Jahrzehnt beschäftigt hat: Sonnenstrahlen zur
Energiegewinnung zu bündeln. Der besondere Clou an Costards «Sun-Machine»
ist, dass sie aus Recyclingmaterial gebaut werden kann.
Auch
in der filmischen Arbeit der letzten Jahre war der Anspruch prägend, Film als
Form zu begreifen, um technische und politische Hindernisse zu artikulieren. Die
Sonnen-Maschine war nicht nur persönliche Wunschmaschine, sondern auch ein
Beitrag, weiterhin - lange nach der Super-8-Zeit - in die technische Welt
einzugreifen. Ein Vorbild Costards war Douglas Tomkins. Der ehemalige Manager
eines Kleiderkonzerns investierte sein Vermögen zur Rettung des Regenwalds, der
in Chile durch systematische Abholzung bedroht ist. Costards Film
Das
Wunder von Chile (1996) dokumentiert die Unternehmungen Tomkins im Stil
des amerikanischen Direct Cinema, das den unabhängigen Filmemacher schon früh
beeindruckt und zur ironischen Unterbietung veranlasst hat.
Layout:
Rosemarie Kuheim |